faſt unmöglich Bücher aus Italien zu beziehen. Ein ſchönesBüchergeſchenk war aus Rom für das Kloſter eingetroffen, nurtheologiſche, durchaus unverfängliche Werke enthaltend. Die ruſ-ſiſchen Zollbeamten weigerten ſich unter allerlei Vorwänden die Bü-cher paſſiren zu laſſen, ließen jedoch den Vätern heimlich ſagen,auch ohne Cenſur ſeyen die Bücher zu ihrer Dispoſition, wennfür jeden Band ein Silberrubel bezahlt werde. Da die Kloſter-mittel zu dergleichen Beſtechung nicht hinreichten, ſo blieben dieBücher in den Händen der ruſſiſchen Douaniers.
Es leben in Kutais und der nächſten Umgebung 800 Ka-tholiken, größtentheils Armenier, die nur das Imerethiniſcheſprechen, doch gibt es auch ächte Imerethiner unter dieſer katho-liſchen Bevölkerung. Ihre Bekehrung zum Katholicismus erfolgtein derſelben Zeit, wo der große Uebertritt vieler armeniſchen,griechiſchen und neſtorianiſchen Chriſten im türkiſchen Aſien undPerſien ſtatt hatte. Gegenwärtig iſt es den katholiſchen Miſſio-nären in Transkaukaſien aufs ſtrengſte verboten Proſelytenzu machen. Einer der Capuciner erzählte mir daß es ihnen, beivollkommener Freiheit der Lehre, nicht ſchwer ſeyn würde vielevon den heidniſchen und mohamedaniſchen Stämmen des Kaukaſuszu bekehren; Suaneten und Abchaſen, von welchen die meiſtennoch wahre Heiden, hatten ſich in großer Zahl gemeldet, um imKloſter von Kutais die Taufe zu empfangen, mußten aber abge-wieſen werden, denn Deportation nach Sibirien bedrohtden Miſſionär, der es wagt einen Götzendiener in eigen katholi-ſchen Chriſten umzuwandeln. Wenn das Verbot des Uebertrittszum Katholicismus oder zur evangeliſchen Kirche auf die Bekennerdes griechiſch⸗ruſſiſchen Glaubens oder überhaupt auf die Bekenneraller chriſtlichen Confeſſionen ohne Unterſchied beſchränkt wäre, ſohätte daſſelbe noch einen Sinn, es ließen ſich dafür allenfalls nochBeſchönigungsgründe finden; aber ſelbſt den Juden, Mohamedanernund Heiden zu verbieten ihr Seelenheil bei irgend einer andernchriſtlichen Confeſſion als im Schooße der herrſchenden Staats-kirche zu ſuchen, dergleichen Zwang iſt, ſo viel mir bekannt, nochvon keinem andern chriſtlichen Staate der Erde geübt worden. Jalieber jüdiſche und heidniſche Unterthanen als katholiſche, ſo lautetder Sinn, die merkwürdige Weiſung, gegeben von einem chriſtlichenStaat im neunzehnten Jahrhundert! Ich ſah unter den Kloſter-zöglingen einen jungen Armenier, der mit bedeutenden Geiſtesfäh-tigkeiten begabt iſt. Er war nach Rom beſtimmt, um in derSchule der Propaganda ſeine Ausbildung als Miſſionär zu erhal-ten; er ſehnte ſich mit der allerinnigſten Begeiſterung nach dieſerBeſtimmung, aber die Regierung verweigerte ihm die Erlaub-niß zur Reiſe nach der Weltſtadt. Wenn Verfolgung und Druckſo fortdauert, ſo dürfte es mit den katholiſchen Miſſionen in Trans-kaukaſien bald gehen wie der evangeliſchen Baſeler Miſſion welche,nachdem ſie auf mancherlei Weiſe geplagt worden, von Sr. Excel.dem Generalgouverneur Baron von Roſen endlich den förmlichenBefehl erhielt Georgien und die ruſſiſchen Provinzen zu räumen.
Die guten Väter zeigten mir das Kloſter in all ſeinen Ein-zelheiten, und ließen mich auch dem etwas lärmenden Schulunter-richt beiwohnen. Es ſaßen dreißig bis vierzig Knaben auf denSchulbänken, die laut ſchreiend laſen, zuweilen ſangen. DasItalieniſche laſen die kleinen Armenier, und Imerethiner ziemlich fertig,die Landesſprache, das Georgiſche laſen und ſchrieben ſie; kleineGeldgeſchenke der Väter ſpornten den Fleiß der Knaben. Eineſchöne geräumige Kirche iſt neben dem Kloſtergebäude im Baubegriffen, der Koſtenbetrag iſt auf 70,000 Rubel angeſchlagen,
und wird von der Caſſe der römiſchen Propaganda beſtritten. Eingroßes ſchönes Altarbild iſt für das neue Gotteshaus aus Rombereits eingetroffen, und wurde mir von Don Antonio mit Stolzgezeigt. Unter den beim Bau beſchäftigten Arbeitern befinden ſichauch ſehr viele Mohamedaner, welche ſich nicht die geringſten Scru-pel machen zu dem Entſtehen eines chriſtlichen Tempels mitzuwir-ken, während von einer andern, nicht mohamedaniſchen Seite demBau viele Hinderniſſe entgegengeſetzt wurden. Beiſo mancherlei Geplauder rückte allmälig die Stunde des Weiterziehensheran. Packpferde waren gemiethet, auch Pater Benedetto hatteſeinen Reiſebündel geſchnürt. Noch einmal fanden wir uns beiden guten Vätern in der gaſtlichen Halle ein, und ließen zumAbſchiedstrunk die Gläſer voll Purpurweines erklingen: auf beſ-ſere Zeiten!
Japan.
Crétineau⸗Toly's Werk über die Jeſuiten entnehmenwir folgende rührende Erzählung:„Ein Statthalter von Japan,der ſeinem Herrn gefallen wollte, ließ einen Kerker errichten, derallen Winden ausgeſetzt war; er beſtand aus Käfigen, in denenman ſich weder aufrecht halten, noch niederſetzen konnte, und dieweder vor der Sonnenhitze noch vor dem Winterfroſt bewahrten.Dort wurde ein Jeſuit, Pater Spinola und vierzehn Ordensbrü-der eingeſperrt, welche beſchuldigt waren, im Lande Keuſchheit,Mildthätigkeit und Gleichheit der Menſchen vor Gott gepredigt zuhaben. Indem man ſie der Nacktheit, dem Elende, dem Hungerpreisgab, wollte man den Eifer verlöſchen, der ſich ſonſt an ihrenScheiterhaufen würde entzündet haben, Doch was geſchah? DieZahl der Gefangenen wuchs; japaneſiſche Chriſten gaben ſich ſelbſtvor Gericht an, um in jene Kerker zu gelangen, und wenn ſiedort waren, ſuchten ſie die Ehre nach, in die Geſellſchaft Jeſuaufgenommen zu werden. Spinola nahm ſie an; der Kerker wardein Novizenhaus. Als der Gouverneur dieß gewahrte, glaubte er ſelbſt , daß es beſſer ſey, die Jeſuiten zu verbrennen. Nach dreiin den Käfigen von Ormura zugebrachten Jahren wurde Spinola,ſeine Gefährten und Neophyten, ſieben an der Zahl, zum Schei-terhaufen geführt. Einunddreißig eingeborene Chriſten wurden andemſelben Tage an derſelben Stelle enthauptet. Als beide Häuf-lein auf dem Richtplatze angelangt waren, ſtimmte Pater Spinoladas Laudate pueri Dominum an. Die Prieſter und Chriſten,die der Tod erwartete, alle ihre gegenwärtigen Freunde, Verwand-te und Mitchriſten ließen die Lüfte von Lobgeſang wiederhallen.Hierauf ſprach Spinola. Vom Scheiterhaufen aus ſagte er in kur-zen Worten, welcher Ehrgeiz ihn erfüllt habe und freute ſich, end-lich die Güter zu beſitzen, die er geſucht habe. Während er ſprach,bemerkte er Iſabella Fernandez, die Gattin des Portugieſen, indeſſen Hauſe er ergriffen worden war. Eine ſanfte Erinnerung erfülltſein Herz, und er fragt die Mutter, wo ihr kleiner Ignatius ſey.Es war dieß Iſabellens Sohn, den der Jeſuit vor vier Jahren,am Tage vor ſeiner Feſtſetzung getauft hatte. Iſabella hebt dasKind in die Höhe, welches, wie alle Chriſten, ſeine ſchönſten Klei-der trug, und ſagte: Hier iſt er, Vater, er freut ſich, mit uns zuſterben! Dann wandte ſie ſich an den Kleinen:„Sieh dort den, der dichzum Kinde des guten Gottes gemacht hat, und dir ein tauſendmal köſt-licheres Leben gab, als dasjenige, das wir verlaſſen. Mein Sohn, bitteum ſeinen Segen für dich und deine Mutter.“ Ignatius ſinkt auf dieKnie, und aus den Flammen hervor ſegnet der durch zwanzigjährigeLeiden heimgeſuchte Bekenner den kindlichen Martyrer.
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