genossen, mag es sich nun um reine oder angewandte Kunsthandeln. M. B e r n a t h z. B. weist in der „Voss. Zeitung" vom2. Juli 1916 (Plagiat in der alten Malerei) nach, daß an be-rühmten Meisterwerken der Malerei, wie der Mona Lisa vonLeonardo da Vinci, dem hl. Sebastian von Mantegnausw. ungeniert Plagiate begangen wurden. „Die VermählungMaria" R a f f a e 1 s (Mailand , Brera) hat die größte Ähnlichkeitmit einem Bild seines Meisters Pietro Perugino , das imMuseum zu Caen hängt. Hier ist nicht nur die Hauptgruppe,die aus Josef, Maria und dem Priester besteht, vollkommengleichartig, sondern ebenso die Seitengruppen, die nur aus-getauscht sind und sogar den abgewiesenen Freier in dergleichen Stellung nachbilden. Die „Femme couche" z. B. vonC o u r b e t ist m. E. ein Abklatsch von „Der Eremit und dieschlafende Angelika" von Rubens : die gleiche Körperlage,Hervortreten der rechten Hüfte, Ansatz des Busens, Haltungdes Kopfes und des linken Armes. Ebenso wurde der StichMarcantonios Raimondis „Wassergötter" nach R a f -f a e 1 von M o n e t (Frühstück im Grase) nachgeahmt.
Der Franzose Tassaert malte ein Bild von der „Gscha-migen", die ihre Tränen mit dem Hemd abtrocknet. LovisC o r i n t h lehnt sich eng an sein Vorbild an 101 ).
Aber auch hier ist nicht alles Plagiat, was mit VorbildernÜbereinstimmung aufweist. Hier gelten die treffenden Worte,die W i e 1 a n d 102 ) vor hundert Jahren sprach: „Alle vortreff-lichen Maler haben heilige Familien gemalt. Der Inhalt ist dernämliche, die Charaktere sind die nämlichen, die Farben aufdem Palet sind's auch. Gleichwohl hat jeder eben denselbenGegenstand auf eine ihm eigene Art behandelt. Und sovieltreffliche Madonnen schon da sind, so wird sich doch gewißkein künftiger großer Maler abschrecken lassen, auch dieseinige hinzu zu tun." Und vorher: „Das, was den wahrenMeister macht, ist nicht die Erfindung eines unerhörten Sujets,unerhörter Sachen, Charaktere, Situationen usw., sondern der
101 ) S. Eduard Fuchs, Die großen Meister der Erotik. München .102 j Horaz, Epist. 1782 I 295 zu ep. I, 19.
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