Welcher Autor, und sei es einer der originellsten, dürfte sichda vermessen, auf sein ausschließliches geistiges Eigentum zupochen!"
Seltsamerweise oder soll man sagen begreiflicherweise stehenso ziemlich alle Schriftsteller, die über das Plagiat geschriebenhaben, diesem nicht etwa ablehnend gegenüber, so z. B. KurtMartens 105 ), Alexander Moszkowski 106 ), EgonFriedeil 107 ), Werner Milch 108 ), Hans Lands-berg 109 ), Stranik 110 ).
Sie verteidigen zwar nicht das Plagiat schlechthin, sondernvertreten die Ansicht, daß es für einen Dichter und Schrift-steller äußerst schwierig sei, kein Plagiat zu begehen. Soweitwollen wir freilich nicht gehen, doch müssen wir uns über denBegriff „Plagiat" erst klar werden. Es wird sich dann ergeben,daß unsere Meinungen gar nicht so weit auseinanderklaffen.
Was ist nun ein Plagiat? Würde man darunter die wort-wörtliche Übernahme einer schriftstellerischen Leistung einesanderen durch einen weniger vom Geist Beglückten verstehen,so zwar, daß die eigene Leistung nur darin bestände, lediglichdie Verfassernamen auszutauschen, so wären darüber nicht vieleWorte zu verlieren. Solche skrupellosen Diebstähle finden sichzum Glück nur wenig. Der Begriff muß also viel weiter gefaßtwerden. Es fällt darunter auch die Aneignung von Teilenfremder Leistung, die in das eigene Geistesprodukt eingefügtwerden, so daß der Eindruck erweckt werden soll, daß diegesamte Leistung, wie sie sich aus einem Gusse repräsentiert,der Gedankenarbeit des mit seinem Namen Zeichnenden ihreEntstehung verdankt. Daß in einem solchen Verhalten einebewußte Täuschungsabsicht, demnach eine Unehrlichkeit desSchriftstellernden vorliegt, wird wohl kaum zweifelhaft sein.
10B ) Die Literatur 1929, S. 384.
10 °) Das literarische Echo, I, Nr. 16.
107 j Breslauer Neueste Nachrichten v. 5. 12.1931.
108 j Breslauer Neueste Nachrichten v. 3. 9.1930.
10 ») Z.f.B. 1911, S. 122.
110 j Das Prisma 1930, Jhrg. 6, Heft 22, S. 205—208, und in: Zeitschrift fürdeutsche Bildung 1930, S. 499—507.
73