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Versuchung führt, dieselbe aufzuheben. Es ist eben unvermeidlich, daßjener Bismarck von 1847 sich zwischen den Bismarck von heute unddiejenigen drängt, deren Zutrauen manchmal eine werthvolle Sachefür ihn sein würde. Ehe wir uns jedoch eingehender mit der per-sönlichen Geschichte des Staatsmannes beschäftigen, bleibt uns nochdie Aufgabe, eine der merkwürdigsten Episoden zu erzählen, welche alsgeschichtliche Vorspiele zu der von ihm endlich ins Werk gesetzten Po-litik betrachtet werden müssen.
Im Sommer des Jahres 1806 wurde die gänzliche UnterwerfungSüddeutschlands unter die französische Botmäßigkeit besiegelt. DerRheinbund war nichts als eine besondere Form der Knechtschaft.Die Fürsten , welche sich in die Livree des Protektors gesteckt, wurdenin Gehalt und Rang erhöht, ihre Länder auf Kosten ihrer unter-drückten Nachbarn erweitert. Preußen hatte der Beilegung Oester-reichs zugesehen und sich von England zurückgezogen, um den BesitzHannovers, den Preis seiner Neutralität, in Ruhe zu genießen. DerAugenblick war verführerisch, um einen Schritt vorwärts zu versuchen.Das besiegte niedergeworfene Oesterreich hinterließ einen freien Platzin dem vormaligen Reich; alle Vettern waren aufgerückt, der Land-graf zum Herzog, der Herzog zum Großherzog, der Großherzog zumKönig; auch Preußen mußte auf eine Rangerhöhung sinnen. Dazukani, daß es offenbar darauf hingewiesen war, entweder sich an Machtauszudehnen um widerstehen zu können, oder auch über sich das all-gemeine Gesetz der Unterwerfung ergehen zu lassen. Denn die Stundemit dem Löwen abzurechnen, dem mehr als je der Appetit währenddes Essens gewachsen war, rückte heran; das Gebot der Selbsterhal-tnng, wie der wohlverstandene Trieb nach Vergrößerung, drängtenzu ein und demselben Entschluß hin: man mußte die Anschläge Frie-drichs des Großen wieder in die Hand nehmen, den Plan von 1785,mutatis mutnmiis, verwirklichen. Der König selbst war allerdings