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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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nicht der Mann, den Sporn zu solchen Gedanken in sich zu suhlen;aber in seiner Umgebung sah es damit besser aus. Es befand sich

unter den Prinzen der übersprudelnde, hochherzige Louis Ferdinandund unter den Rathgebern der Freiherr vom Stein, der unermüdlicheGegner Napoleons , der Mann, der mehr als irgend Einer, stets dieNothwendigkeit betont hatte, ein deutsches Vaterland zn begründen;der Alaun, welcher schon zu jener Zeit oft viel weiter zu gehen wil-lens war, als man noch heutigen Tages zu gehen gewagt hat.

Seit 1801 hatte die Karte Europa's so viel Umgestaltungen er-fahren, daß in dem Kopfe manches Patrioten der Gedanke erwecktworden war, es sei die Zeit gekommen, aus der allgemeinen Verwir-rung Nutzen zu ziehen, um ein mehr oder weniger geschlossenes undmehr oder weniger großes Deutschland aufzurichten. Dem Königeüberreichte Denkschriften, Broschüren und Journale hatten aus diegünstige Gelegenheit des Augenblicks hingewiesen. In Betreff derWahl des wahren Heilmittels war man ebenso uneins wie heute.Man discutirte darüber, ob es ein großes, vollständiges Deutschland ,oder nur ein Norddeutschland sein sollte (die im Frieden von 1795vorläufig gezogene Demarkationslinie hatte die erste Anregung zujener Theilung gegeben); ob man die kleinen Fürsten mediatisirenoder sie in einen Bund vereinigen möchte.

Im Jahre 1804 war die Versuchung von der entgegengesetztenSeite herangetreten. Napoleon , im Begriff, sein erbliches Kaiserreichzu proklamiren und innerlich danach lüstern, sich von den alten Herr-scherhäusern als ihres Gleichen aufgenommen zu sehen, hatte FriedrichWilhelm III. in's Vertrauen gezogen und ihn aufgefordert, sich eben-falls den Kaisertitel zuzulegen. Der König hatte den ersten Consulzur Einführung dieser Veränderung in Frankreich lebhaft ermuntert,ohne sich jedoch über seine Absichten in Betreff seiner eigenen Lage aus-

zusprechen, und nach einem mehrere Monate hindurch fortgesetzten Mei-

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