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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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kann nicht mehr der Mann sein, welcher von 1847 bis 1851 derVerfechter des abenteuerlichsten Feudalismus, der Verkleinere der großennationalen Erhebung war. Manche Wandlung muß seit damals inseinen Anschauungen und Ueberzeugungen vor sich gegangen sein, undgerade diese unvermeidliche Wandlung, wenn schon oft verdeckt undverunziert von jenen abstoßenden Formen, welche das Erbtheil despreußischen Staats- und Junkerthums sind, gerade dieser innere, aberunverkennbare Sinneswechsel ist es, der besonders dazu beiträgt,die Anziehungskraft, welche der Schöpfer der neuen Ordnung auf dieöffentliche Meinung ausübt, erklärlich zu finden. Was auch die obihrer Seelenreinheit und Unerschütterlichkeit sich Brüstenden sagenmögen, diese öffentliche Meinung ist nicht so leichtfertig und thöricht,als ihnen beliebt sie hinzustellen; sie hat durchaus nicht eine gewal-tige, blinde und vertrauensvolle Neigung zu Herrn von Bismarckgefaßt. Sie sieht in ihm nichts Anderes als was er ist,

nämlich einen Mann, begabt in hohem Grade mit der inder Welt und besonders in der Geschichte Deutschlands soseltenen Eigenschaft: dem großen Ganzen aus der Kraft seinesWillens heraus einen mächtigen Anstoß geben zu wollen und zukönnen. Seine Fehler kennt sie; wenn sie der Versuchung nach-geben wollte, sie zu übersehen, sie vermöchte es nicht; er selbst sorgtnur zu sehr dafür, dieselben bei jeder Gelegenheit herauszukehren, ausie zu erinnern. Er charakterisirte sich eines Tages selbst durch jenesvielleicht zu unbedingt und allgemein formulirte aber immerhin höchstbezeichnende Geständniß:daß er nicht das Geschick zu inne-ren Angelegenheiten in sich fühle"; ein Geständniß, das wohlzunächst dahin auszulegen ist, daß sein verwegener und ungeduldigerGeist sich nicht den Forderungen der Gesetzlichkeit und der Achtungvor den Einzel-Interessen anzubequemen vermöge, welche in unsermauf vielhundertjähriger Civilisation begründeten Gemeinwesen auch bei