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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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marck aufwühlte. Jetzt, da wir dem fünften Akte dieses Drama'sbeigewohnt haben, und die Triebfeder der Haupthandlung kennen,sind wir vielleicht versucht, die Ausschreitungen, zu denen der Mini-ster sich hinreißen ließ, etwas weniger streng zu beurtheilen. Manmuß ihm zugestehen, daß er, genöthigt sein Spiel nicht nur seinemHauptgegner, sondern auch seinem natürlichen Bundesgenossen zu ver-decken, sich in einer mehr als schwierigen Lage befand. Vielleichtwird man ihm auch zu Gute halten müssen, daß er, ganz von derihn beherrschenden Idee erfüllt und von ihrer schließlichen Berech-tigung überzeugt, mit Unrecht aber in gutem Glauben einem Wide^stände gegenüber die Geduld verlor, welcher ihm nicht viel besser dennals eine Verblendung erschien. -

Aber wie dem auch sei, die Geschichte wird ihm nie dieJndem-nitätsbill votiren, welche er von der Volksvertretung erlangt hat.Diese mußte der Nothwendigkeit weichen und sich auf den Boden dervollbrachten Thatsache und der Zukunft stellen. Ihr Votum war nureine Ausgleichung zwischen den Fehlern von Gestern und den Inter-essen des Morgen. Die Geschichte hat andere Pflichten. Auch siehat wie jener Gerichtshof das Recht zu sagen: daß ihr Amt ist,Urtheile zu fällen, nicht aber Dienste zu leisten. Und wie weit manauch in der Berücksichtigung der Umstände gehen möchte und selbstwenn man bis zu einem gewissen Punkt die Nothwendigkeit anerken-nen wollte, in welcher sich Herr von Bismarck befand, unter miß-liebigem Auftreten Entwürfe zu großen Zwecken zu verbergen, sobliebe noch immer die Frage übrig: ob der aristokratische Sinn unddie Geringschätzung der Gesetzlichkeit, welche seiner ganzen Handlungs-weise zu Grunde liegen, nicht zu sehr dem Wesen seiner Persönlich-keit angehören, als daß er die Verantwortlichkeit dafür auf die Ver-kettung der äußern Umstände zurückwerfen könnte? In einer gehässigenRolle hat er zuviel natürlichen Schwung entfaltet; in der Kunst mit