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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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tages nicht wieder zn Stande gekommen sind, weil es mir nicht aufRecriminationen für die Vergangenheit, sondern auf eine praktischeGestaltung der Gegenwart ankam. In letzterer finden wir gerademden Staaten, mit welchen Preußen, der geographischen Lage nach,aus Pflege freundschaftlicher Beziehungen besonderen Werth legen muß,einen zur Opposition gegen uns aufstachelnden Einfluß des kaiserli-chen Kabinets mit Erfolg geltend gemacht. Ich gab dem GrafenKarolpi zu erwägen, daß Oesterreich auf diese Weise, znm Nachtheilfür die Gesammtverhältnisse im Bunde, die Sympathien der Regie-rungen jener Staaten vielleicht gewinne, sich aber diejenigen Preu-ßens entfremde. Der Kaiserliche Gesandte tröstete sich hierüber mitder Gewißheit, daß in einem für Oesterreich gefährlichen Kriege beideGroßstaaten sich dennoch unter allen Umstünden als Bundesgenossenwieder finden würden.

In dieser Voraussetzung liegt meines Erachtens ein gefährli-cher Irrthum, über welchen vielleicht erst im entscheidenden Augen-blick eine für beide Kabinette verhängnißvolle Klarheit gewonnen wer-den würde, und habe ich deshalb den Grafen Karolyi dringendgebeten, demselben nach Kräften in Wien entgegenzutreten. Ich habehervorgehoben, daß schon im letzten italienischen Kriege das Bündnißfür Oesterreich nicht in dein Maaße wirksam gewesen sei, wie es hätteder Fall sein können, wenn beide Mächte sich nicht in den vorherge-henden acht Jahren auf dem Gebiete der deutschen Politik in einerschließlich nur für Dritte Vortheil bringenden Weise bekämpft unddas gegenseitige Vertrauen untergraben hätten. Dennoch seien da-mals in dem Umstände, daß Preußen die Verlegenheiten Oesterreichs im Jahre 1859 nicht zum eigenen Vortheil ausgebeutet, vielmehr zumBeistande Oesterreichs gerüstet habe, die Nachwirkungen der früherenintimeren Verhältnisse unverkennbar gewesen. Sollten aber letzteresich nicht neu anknüpfen und beleben lassen, so würde unter ähnlichen