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Verhältnissen ein Bündniß Preußens mit einem Gegner Oesterreichs ebenso wenig ausgeschlossen sein, als im entgegengesetzten Falle einetreue und feste Verbindung beider deutschen Großmächte gegen ge-meinschaftliche Feinde. Ich wenigstens würde mich, wie ich dem Gra-fen Karolyi nicht verhehlte, unter ähnlichen Umständen niemalsdazu entschließen können, meinem allergnädigsten Herrn zur Neutra-lität zu rathen; Oesterreich habe die Wahl, seine gegenwärtige anti-preußische Politik mit dem Stützpunkte einer mittelstaatlichen Coalitionfortzusetzen, oder eine ehrliche Verbindung mit Preußen zu suchen.Zu letzterer zu gelangen, sei mein aufrichtigster Wunsch. Dieselbekönne aber nur durch das Aufgeben der uns feindlichen ThätigkeitOesterreichs an den deutschen Höfen gewonnen werden.
„Graf Karolyi erwiderte mir, daß es für das Kaiserhaus nichtthunlich sei, seinen traditionellen Einflüssen auf die deutschen Regie-rungen zu entsagen. Ich stellte die Existenz einer solchen Traditionmit dem Hinweis in Abrede, daß Hannover und Hessen seit hundertJahren, vom Anbeginn des siebenjährigen Krieges, vorwiegend denpreußischen Einflüssen gefolgt seien, und daß in der Epoche des Für-sten Metternich die genannten Staaten auch von Wien aus imInteresse des Einverständnisses zwischen Preußen und Oesterreich aus-drücklich in jene Richtung gewiesen worden seien, daß also die ver-meintliche Tradition des österreichischen Kaiserhauses erst seit dem Für-sten Schwarzenberg datire, und das System, welchem sie angehöre,sich bisher der Consolidirung des deutschen Bündnisses nicht förder-lich erwiesen habe. Ich hob hervor, daß ich bei meiner Ankunft inFrankfurt im Jahre 1851 nach eingehenden Besprechungen mit demdamals auf Johannisberg wohnenden Fürsten Metternich ge-hofft habe, Oesterreich selbst werde es als die Aufgabe einer weisenPolitik erkennen, uns im deutschen Bunde eine Stellung zu schaffen,welche es für Preußen der Mühe werth mache, seine gesammtc Kraft