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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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für gemeinschaftliche Zwecke einzusetzen. Statt dessen habe Oesterreich mit Erfolg dahin gestrebt, uns unsere Stellung im deutschen Bundezu verleiden und zu erschweren, und uns thatsächlich auf das Be-streben nach anderweiten Anlehnungen hinzuweisen. Die ganze Be-handlungsweise Preußens von Seiten des Wiener Kabinets scheineauf der Voraussetzung zu beruhen, daß wir mehr als irgend ein an-derer Staat auswärtigen Angriffen ausgesetzt seien, gegen welche wirfremder Hülfe bedürfen, und daß wir uns deshalb von Seiten derStaaten, von welchen wir solche Hülfe erwarten könnten, eine rück-sichtslose Behandlung gefallen lassen müßten. Die Aufgabe einerPreußischen Regierung, welcher die Interessen des Königlichen Hau-ses und des eignen Landes am Herzen liegen, werde es daher sein,das Jrrthümliche jener Voraussetzung durch die That nachzuweisen,wenn man ihren Worten und Wünschen keine Beachtung schenke.

Unsere Unzufriedenheit nnt der Lage der Dinge im deutschenBunde erhalte in den letzten Monaten neue Nahrung durch die Ent-schlossenheit, mit welcher die mit Oesterreich näher verbundenen deut-schen Regierungen in der Delegirtenfrage angriffsweise gegen Preu-ßen vorgingen. Vor 1848 sei es unerhört gewesen, daß man amBunde Fragen von irgendwelcher Erheblichkeit eingebracht habe, ohnesich des Einverständnisses beider Großmächte vorher zu versichern.Selbst da, wo man auf den Widerspruch minder mächtiger Staatengestoßen sei, wie in der Angelegenheit der süddeutschen Bundesfestun-gen, habe man es vorgezogen, Zwecke von dieser Wichtigkeit undDringlichkeit viele Jahre unerfüllt zu lassen, anstatt den Widerspre-chenden mit dem Versuch der Majorisirung entgegenzutreten. Heut-zutage werde dagegen der Widerspruch Preußens nicht nur gegeneinen Antrag, sondern gegen die Verfassnngsmäßigkeit desselben alsein der Beachtung unwerther Zmischenfall behandelt, durch welchenman sich in entschlossenem Vorgehen auf der gewählten Bahn nicht

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