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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
Entstehung
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Der Bundestag lehnte ab. Nun verlangten Oesterreich und Preußenvereint, daß man sie wenigstens zur Besetzung Schleswigs in ihrerEigenschaft als Großmächte autorisiren solle. Neue Weigerung vonSeiten des Bundestages. Nach diesem zweifachen im Januar 1864vergeblich unternommenen Anlauf, beschlossen die beiden Regierungensich in offenen Widerspruch mit dem Bundestage zu setzen und trotzihm in Schleswig einzurücken. So hatte sich denn Oesterreich, wel-ches während eines halben Jahrhunderts sein ganzes System aus dieSolidarität mit den Bundesfürsten zweiten und dritten Ranges undauf die Institution des Bundestages gegründet hatte, dazu verführenlassen dieses Band zu zerreißen und mit Preußen, welches doch vonganz entgegengesetzten Interessen geleitet wurde, gemeinsame Sache zumachen. Als die beiden Armeen sich in Marsch setzten, war der Con-flikt aus den Punkt gekommen, daß das Königreich Sachsen, welchesbestimmt war, zwei Jahre später sich an der Seite Oesterreichs beiSadowa zermalmen zu lassen, der kaiserlichen Armee, welche deshalbeinen Umweg durch Preußen machen mußte, den Durchzug verwei-gerte. Um das Maaß der Ungeschicklichkeit voll zu machen, erklärteein Staatssekretär (Herr von Biegeleben) in der Wiener Abge-ordnetenkammer, förmlich im Namen der Regierung, daß Oesterreichdiesen Feldzug nur gegen die in Deutschland erhobene Volksbewegungzu unternehmen gedenke, dieweil es nimmer das Nationalitätenprin-cip anzuerkennen vermöge.

Nachdem Herr von Bismarck auf diese Weise den Bundes-tag thatsächlich unterdrückt und Oesterreich zur Mißachtung von dessenAutorität verleitet hatte, sah er sich wohl oder übel in die Nothwen-digkeit versetzt, den Londoner Vertrag über Bord zu werfen, welchernicht minder wie das Bundesrecht der Annexion der Herzogthümerim Wege stand. Als gewandter Feldherr hatte er zuerst ausschließ-lich den Einen seiner Gegner aufs Korn genommen, und nun, da