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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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erstatten. Unter Friedrich Wilhelm II. , dem Zeitgenossen derfranzösischen Revolution, behandelten die sehr zahlreichen, aus Aben-teurern jeder Art bestehenden Günstlinge die Minister von obenherab; und sogar unter der gegenwärtigen Regierung haben dieNach-wehen dieses Unfugs erst seit Kurzen! zu verschwinden angefangen.Es ist nicht länger als zwei Jahre her, daß eine Anzahl hoher Offi-ziere, die das sogenannte, ganz außerhalb der Verfassung neben demMinisterium bestehende, Militärkabinet bildeten, den Einfluß des letz-teren vollkommen lähmten. In diesem Militärkabinet wurden allegroßen Fragen in der vertraulichsten und entscheidendsten Weise durch-berathen; und man begreift wie dieser Dualismus uiit der in derFamilie der Hohenzollern bewahrten Tradition übereinstimmte, daßder Staat vor Allem aus Soldaten besteht und daß die Soldatenihnen gehören. Noch heut zu Tage kommt es bisweilen vor, daßder König seine Arbeit mit den Ministern unterbricht, wenn ihn: einOberst gemeldet wird. Bei solchen Anschauungen und Gewohnheiten,kann man sich vorstellen, wieviel Inhalt nach der Auslegung einesKönigs von Preußen im konstitutionellen Regiment zurückblieb, undnian wird ohne Mühe glauben, daß der Herrscher seine Minister wieseine persönlichen Diener betrachtete und nicht zugab, daß er etwasanderes als seinen Geschmack zu Rathe zu ziehen habe, um sie zuwählen oder wegzuschicken. Wenn man ihm klar machte, daß deroder jener seiner Minister das Volk, ohne Nutzen für die Krone,erbittere, daß er nicht nur eine Plage für das Land, sondern auchunfähig und träge sei, so antwortete der König, daß das Benehmendes Mannes ihm nicht mißfalle und daß er daran gewöhnt sei mitihm zu arbeiten. Wenn man dabei beharrte, so klagte der König,daß man ihn, den Siebzigjährigen, von einem treuen Diener trennenwolle, und wenn man auch aus dieses Bedenken nicht einging, soerzürnte er sich und wandte den Rücken.