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Wir wollen davon absehen, was die Regierungen noch fernerdurch publizistische Mittel, überhaupt durch ihre weitreichenden Arme,zur Einschränkung der Krise im rechten Augenblick hätte thunkönnen, möchten ihnen nur im Allgemeinen aus vorstehender Dar-stellung jedes Recht absprechen, Beschuldigungen gegen andere Fac-toren des wirthschaftlichen Lebens auszusprechen. Dieselben wendensich nun hauptsächlich gegen die Börse. Dass sie, ihrer Organi-sation und Bestimmung gemäss, den Schauplatz abgeben musste, wodie Agiotage, das Differenzspiel, sich thatsächlich vollzogen und ingegenseitiger Erhitzung zur äussersten Höhe steigerten, ist selbstver-ständlich. Jegliche Bewegung im wirthschaftlichen Leben der Nation,ob gesund oder ungesund, wird sich in der Physionomie der Börseabspiegeln. Und dennoch ist es unlogisch, die Beschuldigungen gegendie Börse als solche zu richten, ihre Thätigkeit, die bisher als einenothwendige, heilbringende, für das wirtschaftliche Leben der Nationerkannt wurde, plötzlich vom pessimistischen Standpunkt aus zu be-trachten, weil einmal in einer kritischen Periode das unreelle Ge-schäft das solide überwuchert hatte. Ein Feldzug gegen die Börsenselbst und ihre Geschäfte im Allgemeinen, wie er in der vorgeschla-genen Börsensteuer seinen unzweideutigen Ausdruck gefunden hat,heisst deshalb das Kind mit dem Bade ausschütten. Es handelt sichvielmehr darum, innerhalb des Börsenlebens zu untersuchen, durchwelche Kanäle das Gift eindrang, und wie hier Besserung zu schaffenist. Und diese Untersuchung führt uns im Wesentlichen wieder nachaussen, auf die bereits erörterten Ursachen der Krisis zurück; hiersind die Quellen des Uebels, die verstopft, geheilt werden müssen,während man mit der Börsensteuer oder ähnlichen Maassregeln nuran den Symptomen lierumkurriren würde. Selbst der grösste Miss-brauch darf nicht blind dagegen machen, welch’ ein nothwendigesund nützliches Institut die Börse an sich ist, wie sie der ungesundenEntwickelung nur zeitweise und theilweise, der gesunden dagegenstets zum Organ dient. Will man etwa auch das Aktienwesen wegender Missbräuche der letzten Jahre verurtheilen ? Es soll allerdingsnicht gesagt werden, und wird zum Schluss noch zur Erörterung ge-langen, wie auch im Börsenleben Wesentliches geschehen kann undmuss das unreelle Geschäft, und insbesondere auch das Ueber-wuchern des 'Maklerwesens Uber das eigentliche Banquiergeschäft zubeschränken; denn das Maklerwesen ist theils Frucht, theils Keimdes Spekulationsfiebers. Allein von durchgreifender Einwirkung inKrisen würden solche Maassregeln schwerlich sein. Das erhitzte