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Die wirthschaftliche Krisis / von Wilhelm Oechelhaeuser
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müssen sie sogar die Verlegenheiten vieler Kunden verstärken, stattaushelfen zu können. Und überdies trifft sie vielfach die Schuld,ihre Geschäftsfreunde und Kunden durch Anpreisungen und lockendeKreditgewährungen (Leistung der ersten Einzahlungen u. s. w.) inspekulative Unternehmungen verlockt zu haben, woran diese sonstnie gedacht hätten. Es ist dies eine Quelle grossen Unglücks ge-worden. Möge eine innere Reinigung dieser, für das wirthschaftlicheLeben der Nation so unentbehrlichen und, wenn richtig geleitet, sosegensreichen Institute aus der Krisis emporwachsen.

Wir können übrigens Einen Umstand nicht unerwähnt lassen, derdie Banquiers und Banken einigermaassen entschuldigt, wenn sie ihrenGeschäftskreis in der Richtung der Spekulation ausgedehnt haben.Er liegt in der Concentrirung der Wechseldiskontirungen beiden grossen Notenbanken. Wenn z. B. die Preussische Bank für das sechs- bis achtfache ihres Kapitals, also für Hunderte vonMillionen, unbedeckte Noten ausgiebt und sie durch ihre zahlreichenFilialen gegen Wechsel umsetzt (im Jahr 1873 betrug ihr Wechsel-umsatz nicht weniger als 24% Milliarden Mark!), so ist dies für diePrivatdiskonteurs, die bloss auf ihre eigenen Mittel beschränkt sindund keine Notenpresse besitzen, eine erdrückende Konkurrenz, welchesie allmählig aus der Sphäre des Wechselankaufs herausdrängen undsomit von selbst anderen, minder soliden Operationen in die Armeführen musste. Auch das Eindrängen des Maklerwesens in dieSphäre des, früher durch die Banquiers vermittelten Commissions-geschäftes, wirkte in gleich schädlicher Richtung.

Wenn wir unter den Schuldigen erst zuletzt der Presse er-wähnen, so trägt sie auch in der That einen kleineren Theil derSchuld, als man ihr vielfach aufzubürden pflegt. Der positive odernegative Einfluss der eigentlichen Börsenblätter ist nämlich im All-gemeinen geringer, als man gewöhnlich glaubt, da sie in viel weite-rem Umfange für betheiligt oder beeinflusst gelten, als dies in derThat der Fall sein mag. Hier holt sich das Publikum, den Neulingausgenommen, mehr die objektive Belehrung Uber die Thatsachen, alsdas Urtheil Uber den Werth der Unternehmungen. Auf dem Höhe-punkt der Bewegung, wo, in der fieberhaften Aufregung der Speku-lanten, seihst die kleinste Bewegung eine potenzirte Wirkung ausübt,gelangten einzelne Blätter allerdings zu bedeutendem Einfluss, der abernicht lange vorhielt. Was demnächst die grossen politischen Zei-tungen betrifft, so ist zwar bei Vielen eine Rücksicht der Redaktionauf den Inseratentheil unverkennbar; es hätte im Ganzen, so lange