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Die wirthschaftliche Krisis / von Wilhelm Oechelhaeuser
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positiv bewiesen, wie die Anziehungskraft des Eisenbahnbaas für dasKapital am Ende ist, wir also, auf der bisherigen Basis, in dem noth-wendigen fernem Ausbau unsres Eisenbahnnetzes nicht mehr wesent-lich fortschreiten können. Sie hat ferner dargethan, wie auch die be-stehenden Bahnen in ihrer Rentabilität aufs Bedenklichste sinken, undauf der bisherigen Grundlage fortwährend weiter sinken müssen.Sie hat die Ohnmacht des Reichseisenbahnamts bewiesen, dem dieGrundlage jeder Wirksamkeit, Disposition über das Eigenthum fehlt.Sie hat endlich, in den Störungen, die der foreirte Eisenbahnbau inden Jahren 187273 verursacht hat, und in dem Einfluss der Tarif-änderungen und Spezialtarifirungen *), plötzlich die ganze Tragweiteder wirthschaftlichen Gewalt erkennen lassen, welche sich allmähligin den Eisenbahnverwaltungen konzentrirt hat. Sie beherrschen inder That, mit ihren Kapitalien und Tarifen, die wichtigsten Grund-lagen des wirthschaftlichen Lebens der Nation, den Credit- und denArbeitsmarkt; sie sind unsere materielle Vorsehung geworden, undwerden es täglich mehr.

Kein Wunder, wenn plötzlich von allen Seiten der Ruf erschallt:Uebernahme sämmtlicher Eisenbahnen auf Staat, oderReich. Eine finanz-politische Frage von solcher Trag-weite ist noch niemals an irgend einen Staat der Weltherangetreten. Es wäre deshalb geradezu Leichtsinn, im gegen-wärtigen Stadium, wo die ernstesten Prüfungen erst beginnen sollen,wo das Material zur Entscheidung kaum lückenweise vorliegt, mitfertigem, absprechendem Urtheil zu Gunsten dieser kolossalen Ver-schiebung von Kapital, Macht und Einfluss, bereits in die Schrankentreten zu wollen. Es sei deshalb hier nur gewagt, einzelne Momentehervorzuheben, welche allerdings zu Gunsten der Uebernahme durchden Staat in die Wagschale fallen dürften.

Zunächst dürfte in dieser Frage doktrinairen Anschauungen

*) Nur Ein Beispiel über die ominöse Tragweite der Spezialtarifirungfür die wirthschaftliche Prosperität ganzer Gegenden möge hier Platz finden.Die Bergisch-Märkische Bahn findet es z. B. für gut, Eisenstein, der aus demSiegerland nach, der Ruhr geht (trotz seines höheren Werthes), 10 bis 20 pCt.niedriger zu tarifiren, als Steinkohlen, die von der Ruhr nach den siegerischenHütten gehen. Durch diese, allerdingsgemeinem Verstand unverständlicheMaassregel, die auch vielleicht gelegentlich einmal umgedreht wird, rentirt sichz. B. ein Hochofen im Siegerland gegen 5 pCt. seines Anlagekapitals niedriger,als bei Wegfall derSpezialtarifirung, und der geographische Punkt, wo Eisenund Erze am billigsten zusammenzuführen sind, wird künstlich aus der Mittedes Siegerlandes nach der Ruhr hin verlegt