294 Das 6.H. VON der absonderlichen
nicht thut, was der Freund verlanget, weil man-gewiß versichert lebet, daß die Versagung des be-gehrten Schein-Guten, dem Freunde ein wahresVergnügen erwecken, und er uns dermahleinsdancken werde, daß wir ihm sein Begehren ver,saget.
71. Mit denen Schein-Gutthaten ist es
qantz umgekehret; Man last den, der unsererHülfe vonnörhcn1)at, lange verzappeln, undbitten, um dadurch die begehrte Gutthat destl)höher auszubringen. Man bittet ihn nicht langedrum, sie anzunehmen; sondern wenn er nur dasGeringste versi'het, entziehet man «Mi dieselbi-ge wieder, ehe er ihrer noch völlig genossen. Sol^chergestalt aber machet man, daß dessen Freude,der sie geniesset, sehr gering ist;' Ja man freuetsich hierbei) nicht so wohl darüber, daß die geleiste--te Gutthat den andern vergnüget, als daß mandadurch Gelegenheit bekommen, von ihm eingleiches oder mehrers zu fordern. Man rechnetihm die aufgewendete Mühe und Unkosten theuergenug an, und achtet des andern Freundschafftund Liebe für nichts, wenn er uns unsere Dienstenicht wiederum überflüßig vergelten kan. Manwaget wohl in der unvernünftigen Liebe sein se-lben , aber nur für die Erlangung der Woltustund anderer dergleichen Begierden, nicht aber fürdie Person, gegen die wir uns anstellen, als ob wiesie liebsten; Ja man gäbe tausend Freunde hin,wenn man nur sein eigen Leben damit retten tönte.
Jedoch