Druckschrift 
Christian Thomasens Von Der Kunst Vernünftig und Tugendhaft zu lieben : Als dem eintzigen Mittel zu einem glückseeligen, galanten und vergnügten Leben zugelangen, Oder: Einleitung Der Sitten-Lehre ; Nebst einer Vorrede, In welcher unter andern der Verfertiger der curiösen Monatlichen Unterredungen freundlich erinnert und gebeten wird, von Sachen, die er nicht verstehet, nicht zu urtheilen, und den Autoren dermahleins in Ruhe zu lassen
Entstehung
Einzelbild herunterladen
 

vernünftigen S.iebe überhaupt. 295

Jedoch ist es nichts ungewöhnliches, daß man sichauch in unvernünftiger Liebe den Todt anthue,wenn man sich seine Wollust und andere Begier-den zu erfüllen beraubet siehet.

77. Und weil man ferner bey den Schein-Gutthaten auf sein eigenes Imereile und Belu,stigüng ziehlet; als erweiset man seinem Freundesolche Dinge, die uns vergnügen, und beküm-mert sich nicht, ob er einen Gefallen daran habeoder nicht. Man dringet sie andern auf,wenn sie gleich dieselben nicht verlangen, noch de-ren benöthigel sind. Man wünschet denen an-dern ein grosses Unglück oder Verdruß anHals, daß man seine Milde und Gutthcmgkeitan ihme bezeigen, und sie dadurch uns vervfiich,ten möge.

7z. Letzlich weil die unvernünftige Liebe alle-zeit auf ein unruhiges Vergnügen gegründet ist,so erweiset man auch den andern solche Liebes-Dienste am liebsten, die der Tugend zuwiderseyn, und die Gemülhs-Ruhe stöhren, theils da-mit wir den Freund zu gleichmaßigen unruhigenDiensten wieder brauchen können; theils weilwir aus deren Begehren spühren, daß er unsgleich seyn müsse. Ja wenn man siehet, daß der-selbe, weil er nicht so unvernünftig ist als wir, sichschämet, dieselben von uns zu begehren, so frischetman ihn desto mehr darzu an, und wenn er Hinge-gentheil was Löbliches von uns verlanget, lachetman ihn aus, als einen unverständigen Menschen,T oder