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Christian Thomasens Von Der Kunst Vernünftig und Tugendhaft zu lieben : Als dem eintzigen Mittel zu einem glückseeligen, galanten und vergnügten Leben zugelangen, Oder: Einleitung Der Sitten-Lehre ; Nebst einer Vorrede, In welcher unter andern der Verfertiger der curiösen Monatlichen Unterredungen freundlich erinnert und gebeten wird, von Sachen, die er nicht verstehet, nicht zu urtheilen, und den Autoren dermahleins in Ruhe zu lassen
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Liebe andererMensihen überhaupt. 18z

55. Gesetzt aber, du trachtest zu erst nach derVereinigung der Gemüther, und du beredestdich, daß du zu frieden seyn wollest, wenn dunur die Hochachtung und vernünftige Liebeeines tugendhaften Frauen-Zimmers, das Ver-stand hat, und nicht eben schön ist, versichert wä-rest. Prüfe dich wohl, ob du dieser Beredungtrauen dürffest. Denn die unvernünftige Liebepfleget sich auch unter diesem proerexreinzuschlei-chen, und suchet die Hertzen junger Leute unterder Larve einer vernünftigen Liebe zu betrügen.Fraae nur dein Hertz genau, ob es werdezu frieden seyn, und nichts mehreresverlangen, wenn es die unschuldige Vereini-gung, nach der es Anfangs trachtet, werde erhal-ten haben.

56. Ja untersuche auch hiernachst, wenn dugleich Anfangs iwr nach der Vereinigung derGemüther gestrebet, und nach langer Zeit erstdiese Begierde bey dir empfindest, auch dir die-selbe, als nur ein Verlangen die geliebte Personzu vergnügen, vorstellest, ob du nicht vielmehrdein eigenes Vergnügen als das ihrige, auchdeinen Willen wider den ihrigen zu erfüllen trach-test. Vernünftige Liebe raubet auch nicht diegeringste Gunst-Bezeugung mir Gewalt, odergefährlicher arglistiger Zöeredung, sondern siesuchet sie durch aufrichtige tugendhafteThaten und LIeine Gefalligeeiren zu verdie-nen , und empnndct desto mehr Vergnügen,

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