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Christian Thomasens Von Der Kunst Vernünftig und Tugendhaft zu lieben : Als dem eintzigen Mittel zu einem glückseeligen, galanten und vergnügten Leben zugelangen, Oder: Einleitung Der Sitten-Lehre ; Nebst einer Vorrede, In welcher unter andern der Verfertiger der curiösen Monatlichen Unterredungen freundlich erinnert und gebeten wird, von Sachen, die er nicht verstehet, nicht zu urtheilen, und den Autoren dermahleins in Ruhe zu lassen
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Liebe aller Menschen -z?

wenn wir unser Thun und Lassen genau exami.nircn wollen, anderen Menschen zum Theil ausVersehen zum Theil auch mit Vorsatz dasjenigewas wir ihnen aus obigen vier Tugenden schul-dig waren, nicht vollkommen erwiesen, auch siezum öftern beleidiget- Und wie es uns nunwohl gefallet, wenn man uns dasselvige verzei-het, und sein Recht nicht alzustarck wider unsnrxiret; Also erfordert auch die Gleichheit dermenschlichen Natur, daß wir gegen andere eben-mäßig das uns angethane Unrecht mit gleicherGcdult vertragen, u. s. w.

69. Dieses aber scheinet etwas schwerer zufevn, indem be» nahe alle Gelehrten von diesemallgemeinen Irrthum eingenommen sevn, alsob die Behauptung seines Rechts mit Ge-walt das wahre Mittet sey. wider den, derunsere Gemüthö-Ruhe stören witt.dieselbezu erhalten, und ihm zu einem friedlichen Lebenzu nöthigen; Dahero pfleget man in dem gemei-nen Sprichwort zu sagen: man könne nicht lan-ger Friede halten, als der Na !'bar wolle. DerKrieg sey das ausserordenlliche Mittel sich Friedeund Ruhe zu schaffen. Ein jeder rechtmäßi-ger Krieg habe keinen andern Eiw-Zweck als denFrieden. So lange man Frieden haben könne,soll man denselben annehmen, wo nicht, müsseman den Krieg zur Hand nehmen. Krieg seybesser als ein unsicherer Friede, u. s. w. Und wirwollen das Gegentheil behaupten, daß man mit

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