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Staatliche Theorie des Geldes / von Georg Friedrich Knapp
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ß 6. Funktionelle Einteilung der Geldarten.

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abzwingen, und verweigert dem Empfänger die Wahl derGeldart; diese Wahl behält er sich selber vor, und aus dieservom Staate vollzogenen Wahl geht die valutarische Geldarthervor. Der Staat wählt nicht nach der Rechtsordnung,sondern er bestimmt durch diese Wahl einen wichtigen Teil derRechtsordnung.

Der Begriff des valutarischen Geldes kann also gar nichtgefunden werden, wenn man nur die Gesetze zu Grunde legt;er kann aber ohne weiteres gefunden werden, wenn man vonder viel umfassenderen regiminalen Betrachtung ausgeht, wiewir es tun; so allein werden wir der Wirklichkeit gerecht. Eshat für uns gar keinen Sinn, mit dem Staate darüber zuhadern, ob er sich an bisher geltende Gesetze hält oder nicht.Der Staat ist tatsächlich nicht an seine Gesetze gebunden, dieer nur für seine Untertanen aufrecht hält; er selber schafft zu-weilen neues Recht, nicht durch Gesetze, sondern durch tatsäch-liches Verhalten, und nachträglich ändert er zuweilen die Gesetzeso, daß sie seinem tatsächlichen Verhalten entsprechen. Dieswird von uns weder empfohlen noch verteidigt, sondern nurals politische Erfahrung ausgesprochen. Wer das nicht sehenwill, der kann die wichtigsten Vorgänge in der Geldgeschichtenicht begreifen.

Bei uns im Deutschen Reiche sind nur die Goldstückevalutarisch; aber sie sind es nicht deshalb, weil sie aus Goldhergestellt sind; auch nicht deshalb, weil sie hnlodromisch sind;sondern nur deshalb, weil der Staat bei seinen Zahlungen be-reit ist, am letzten Ende in Goldstücken zu zahlen und jedeandere Zahlung, die der Empfänger etwa verlangt, durchausablehnt, insofern sie ihm, dem Staate, etwa unbequem märe.Die andern Zahlungsmittel z. B. Taler oder Kassenscheinesind ihm aber bequem, und er verweigert sie daher nicht, aberer drängt sie nicht auf, das heißt also: der Staat hält sich stetsbereit, in Goldmünzen zu zahlen.

Setzen wir den Fall, der Silberpreis stünde so hoch wieetwa im Jahre 1860, so würde dem Staat die Zahlung in

Knapp, Theorie des Geldes, 2. Aufl. 7