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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Umversitätszeit und juristischer Beruf.

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Färbung zu gründen, zur Beteiligung. Wir nannten sieWal-halla ", und nicht wenige der damaligen Genossen, die der jugend-lichen Sinnesrichtung jener Tage treu geblieben, sind im späterenpolitischen Leben nach Jahrzehnten wieder in nähere Berührungmit mir getreten. Aus jener Verbindung datierte auch die engeFreundschaft, die mich mit Friedrich Kapp bis ans Ende seinesLebens verband. Die philosophische Richtung saud besondereNahrung im Umgang mit jüngeren Physiologen. Jakob Moleschott ,damals gleichaltriger Student, schon eifrig in die naturwissen-schaftlichen Probleme vertieft, trug viel dazu bei, den Sinn fürdiese Dinge zu wecken. Die Frage ob Köllsratio as^uivoea obSinns vivum sx ovo beschäftigte uns lebhaft. Von Darwin warnoch nicht die Rede. Das Haus in der unteren Neckarstraße, indem ich Wohnung gefunden hatte, war ein Mittelpunkt strebsamerJünglinge. Die Wirte waren zwar kleine Bürgersleute in denbescheidensten Umständen, aber zwei lebhaste, begabte Töchter, diesich für alles interessierten, wirkten anziehend.

Als ich einzog, war eben Guido Weiß geschieden und schwebte nochals ein Genius loei über meiner Stube.

Auch Moleschott und Oppenheim nahmen treuen Anteil an dieserGeselligkeit, iu der alle kleinen nnd großen Angelegenheiten ver-handelt wurden. Es war die Zeit, in der nicht nur die Politik,sondern anch die schöne Litteratur von Paris ihre Hauptnahrungbezog. Eugene Sues Nxstsrss 6s?g.ris beherrschten die Stimmungso, als ob man mitten drin lebte. Der Schulmeister und derChonrinenr und der Portier Pipelet und alle die anderen Figurenwurdeu besprochen, als wohnten sie in der nächsten Straße, undmit der höchst gesteigerten Spannung wurde das nächste Feuilletonerwartet. Die Herrschaft des Feuilleton-Romans war damals anfihrer Höhe, nnd wenn auch bis auf den heutigen Tag diese Gattungfür die Zeitungspraxis ihre Bedeutung noch nicht ganz verlorenhat, so macht man sich doch keine Idee mehr von dem Zanber,den sie ausübte, als die Dnmas, Sue, Balzac und Genossen, mankann wohl sagen, noch die Welt regierten. Wenig Phänomene sindso belehrend für die Besonderheit der Zeitnmstände, die einen be-sonderen Geschmack erzeugen, wie der Wandel, der hierin Platzgegriffen hat.