224 Sechstes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Uaufmmmische Lehrjahre.
Die Brüder meiner Mutter, Bischoffsheim mit Namen, waren zwei wirklich geniale Finanzleute, jeder in seiner Geistesanlage vom anderen verschieden, aber beide ganz eminente Köpfe.
Sie hatten schon ganz jung die geschäftliche Laufbahn betreten, in den zwanziger Jahren des Jahrhunderts.
Die Mutter, eine mit seltener Verstandesschärfe und Energie begabte kleine magere Frau, hatte ihren Maun an der Kriegspest verloren, welche im Jahre 1813 durch die große Armee ans dem Rückzug aus Rußland nach dem blockierten Mainz gebracht worden war. In beschränkten Verhältnissen mit fünf Kindern zurückgeblieben, erzog sie dieselben mit der patriarchalischen Strenge, welche in den älteren Generationen noch ans alter Überlieferung sich fortgepflanzt hatte.
Mit mancher andern Stammeseigentümlichkeit des Judentums hat sich in dem modernen Leben auch diese, wenn gleich manchmal exzessive, doch im ganzen heilsame Autorität der Eltern verloren.'
Manche Stichworte der großmütterlichen Weisheit waren noch auf mein elterliches Haus übergegangen, wie z.B.: „Ein Kind ist kein Ich", wenn wir irgend eine Meinung oder einen Wunsch mit Ich anfingen; oder auch, wenn wir sagten, ich will: „Ein Kind hat keinen Willen", oder auch den Grundsatz nach der kaufmännischen Buchhaltung ausgedrückt: „Ein Kind hat kein Folio" (im Hauptbuch nämlich). Vergnügen galt immer als etwas Verdächtiges uud Illegitimes.
Eine Figur, wie diese Großmutter, die ich noch gut kannte, und die erst dreinndachtzigjährig starb, als ich schon in Holland lebte, wäre als Typus, wenn auch als ein exzeptionell hervorragender, ein dankbarer Vorwurf für eine besondre Darstellung.
Charakteristisch war unter andrem an ihr, daß, während die Mainzer Bevölkerung im großen sich zu dem französischen Wesen