Journalist und Volksredner.
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1849.
Ein Jahr, wie das eben vollendete, hatte mit Ausnahme der hochbetagten Menschen, welche sich der ersten französischen Revolution erinnern konnten, die lebende Generation noch nicht au sich vorübergehen sehen. Vergangenes und Künftiges drängten zu den tiefsten Betrachtungen. Es fehlte auch bei uns nicht daran, und ich entzog mich natürlich nicht der Aufgabe, meiner Sinnesweise Ausdruck zu geben. Die Zeitung, die ich jetzt in der Hauptsache fast allein redigierte, und die Vereinsthätigkeit gaben mir reichlich Gelegenheit dazu. Aus allem, was noch vorhanden ist, weht der Geist einer unverminderten Angeregtheit; eine eigentümliche Mischung von Jllusionslosigkeit gegenüber der thatsächlichen Gestaltung der Dinge, und von gesteigertem Aufschwung im Dienste künftiger Herrlichkeit, deren Inbegriff wir uuter dem Worte „Revolution" zusammenfaßten. Ich sah schon längst die Revolution des Februar und März 1848 als völlig mißlungen an, aber ich hielt die Ära der Revolution überhaupt nicht für abgeschlossen und fühlte lebhafter als je zuvor die Lust, in ihrem Dienst zu wirken.
Dieser eigentümliche Dualismus erklärt sich dadurch, daß die Ohnmacht und das herannahende Ende der Frankfurter Volksvertretung als vollendete Thatsachen mit Händen zu greifen waren, daß aber der Zustand freiester politischer Bewegung aus der Anfangszeit sich wenig eingeengt erhalten hatte, und daß diese Bewegung gerade vermöge des Unwillens über die zerstörten Illusionen aus der breiten Masse des Volkes immer mehr Feuer und Nahrung erhalten hatte. Die Ellbogen waren noch genügend frei, und die Atmosphäre war von Entrüstung erfüllt. Im Gegensatz stand der sichtbare Einsturz des ganzen ephemeren Reichsgebäudes und die ebenso sichtbare Wiederkehr der alten Mächte. Das gab eine verdoppelte Kampsesstimmuug, und das jugendliche Gemüt suhlte sich wohl in der schrankenlosen Heftigkeit, mit der es sich in diese Brandung stürzen konnte.