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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Fünftes Kapitel,

kam, war bereits die Dunkelheit eingetreten. Er fragte mich,was ich jetzt mit meiner Zeit anfangen wolle? Ich warohne bestimmte Absicht.Sie sind ganz fremd hier", sagte er,Sie kennen keinen Menschen, was wollen Sie anfangen? KommenSie mit mir nach Hause." Ich ließ mich natürlich nicht zweimalbitten.

In seiner Junggesellenwohnung angekommen, zündeteHerr Ondet das im Kamin aufgeschichtete Holz an; ich machtedamals die erste Bekanntschaft dieser traulichen Flamme amoffenen Herd, die einen großen deutschen Mediziner im Feldzugvon 1370 zu einem kleinen poetischen Meisterwerk angeregt hat.Die ganze Situation, die menschenfreundliche Zuvorkommenheit,die ich in der weltfremden Stadt gesunden hatte, war natürlichdazu angethan, in mir die entsprechende wohlthuende Stimmungzu erweckeu. Wir saßen lange bei Kaffee und Zigarre plauderndzusammen, an Stoff fehlte es nicht. Ondet war sieben Jahreälter als ich, ein angehender Dreißiger und hatte auch schon desSchicksals Tücke erfahren.

Beim Abschied unterbrach er das Gespräch mit denWorten:Sie haben eine lauge, langweilige Reise vorsich; es gehen nicht einmal zwischen allen Punkten Schnell-wagen; sind Sie auch ordentlich mit Lektüre versehen?" Ichhatte zwar etliche Bücher bei mir, aber viel war es nicht.Warten Sie, ich will Ihnen was suchen", mit diesen Wortentrat er au seiue nicht unansehnliche Bibliothek heran und überflogprüfend die Reihe der Bände.Kennen Sie das?" damit reichteer mir ein Bäudchen in Duodezformat hin. Es waren diesoxliiswss sLOllomiguss von Frederic Bastiat . Ich kauute sienur dem Namen nach, da sie erst drei Jahre vorher erschienenwaren. So bat er mich, sie zum Andenken mitzunehmen, undnur wenige Andenken habe ich in den seither verflossenen vier-nndvierzig Jahren treuer und dankbarer bewahrt, als diesesBüchlein, welches mir bei einem dem Gemüte so erfreulichenAnlaß zu einer den Geist so erquickenden Bekanntschaft verhelfensollte.

Als Student hatte ich meine nationalökonomische Lehrzeitunter der Leitung des alten Ran in Heidelberg , damals des an-