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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
Seite
292
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Siebentes Kapitel.

zu bringen. Dort wnrde sie allmählich geheilt, und ich sah sie nochspäter oft in Baden wieder; denn das Kleeblatt ließ sich durchdie neue, zwischen den beiden Nationen besiegelte Feindschaft, undnamentlich durch die sittliche Entrüstung ihrer Landslente nichtim geringsten irre machen.

Die Leitung von Jllenan lag znr Zeit, wo dieses spielte, inder Hand eines vortrefflichen Maunes, Dr. Roller. Ducamp ver-ehrte ihn wie einen Heiligen und schrieb der ausgezeichneten Be-handlung in der Anstalt die Rettung seiner Freundin ausschließ-lich zu.

Als ich im Frühjahr 1874 zum erstenmal zu etwas längeremAufenthalt wieder uach Paris kam, begegnete ich ihm auf demBoulevard des Italiens. Sofort faßte er mich unter den Armund ging etwa eine halbe Stunde lang mit mir auf und ab, einUnterfangen, das wenige Franzosen damals in solcher Öffentlich-keit riskiert hätten, wenngleich beinahe alle meine alten Freunde,wie ich immer wieder hervorheben muß, im vertraulichen Verkehrmir treu geblieben waren.

Das erste, was er mir eingehend erzählte, war die Geschichteder Erkrankung und Rettung von Fran H. Er schilderte mir indem ihm eigenen koloristischen Stil den ganzen Verlanf, seineVerzweiflung, mit der plötzlich in Geistesnacht versunkenen Franallein geblieben zn sein im feindlichen Land, fern von der insUnglück geratheneu Heimat, und indem er mir beschrieb, in welcherGeistesverfassung er Frau H. dem l)r. Roller übergab, rief eraus: Ich sagte zu ihm:8ÄUVöi5 -woi Uaäaius H.; st^js vous clonnsI'^Isaes st !->, I^orrams." Natürlich sollte das nur dazu dienen,mir seine Verzweiflung zu charakterisieren, nicht seine uupatrioti-sche Gesinnung. Denn er war mit Leib und Seele Franzose, mitallen glänzenden Vorzügen seiner Nation. Ein Causeur erstenRanges. Das floß und sprndelte in jovialer Weise unaufhörlich,stark mit geschlechtlichen Ingredienzien gewürzt. Ein paar derbeZoten und Anekdoten fehlten selten in der Unterhaltung. Er warsich dessen bewußt, ohne darin ein Fehl zu finden. Nur bemerkteer mir einmal, er habe seine Korrespondenz vernichtet, damit sienicht einmal mit allen den Cochonnerien, die darin vorkämen, ver-öffentlicht würde.