etwas von dem bleiben, was in jüngeren Jahren der Anziehungs-kraft der Weiblichkeit zn Gründe liegt.
Madame Zaubert war selbst für eine Französin sehr klein,mit lilipntanischen Händen und Füßen; die letzteren zeigte sie nichtungern. Sie war nicht schön gewesen, aber sie hatte regelmäßigeZüge uud ein paar Augen im Kopfe, welche derart leuchteten, daßman immer ans sie den Blick gerichtet halten mußte. Sie sahenfurchtbar klug und etwas malitiös in die Welt. An dem Abendunserer ersten Begegnung flößten sie mir eine unheimliche Em-pfindung ein, und so ging es den meisten, die sie zum erstenmalsahen.
Ihr Gemahl war Staatsanwalt am Kassationshof. Persönlichhabe ich ihn nicht gekannt, denn zur Zeit unserer ersten Begegnunglag er schon lange krank darnieder, starb auch bald darauf. Sie hatteim ersten Jahr ihrer Ehe eine Tochter geboren — wie sie erzählte,war sie im Wochenbett noch gewachsen. Dann waren keine Kindermehr gekommen. Diese einzige Tochter war auch schon Wittwe,als ich die Mutter kennen lernte, eine Marquise Jules Lagrange.Zwischen Mutter und Tochter, die damals in derselben Straße,rus NontaiZus, einander gegenüber wohnten, herrschte das innigste,zärtlichste Verhältnis; ihr Leben war eigentlich ein gemeinsamesin allen Beziehungen, nur nicht in den äußerlichen Funktionen.Selbst später, als sie gemeinsam in dasselbe Haus, iu der rusäö zogen, behielt nicht nur jede ihre getrennte Wohnung,
sondern die beiden einzelnen Frauen hatten auch jede ihren sepa-raten Haushalt und hielten ihre einsamen Mahlzeiten jede fürsich allein. Ihr Lebensverstand diktierte ihnen diese Vorsichts-maßregel wechselseitiger Unabhängigkeit, welche dem zärtlichstenZusammenhang nicht nur nicht Abtrag that, sondern eher Vor-schub leistete. Daß sie nicht zusammenspeisten, war um deswillenkein besonderes Opfer, weil beide aufs Essen für ihre Person nichtden geringsten Wert legten. Ohne irgend welchen asketischenTendenzen zu huldigen, waren doch beide so geartet, daß sie dasEssen nur als eine Notwendigkeit betrachteten. Dabei verwendetensie, sobald ein Gast da war, die vorschriftsmäßige, beste Sorgfaltauf eine vortreffliche, wenn auch nicht luxuriöse Bewirtung.
Bambcrgers Erinnerungen. ZI
Paris.