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Siebentes Kapitel.
in Paris ; sein Pseudonym entlehnte er sogar von der nord-deutschen Stadt Stendal .
So verschieden die drei untereinander find, so bilden sie docheine Gruppe mit einem gemeinsamen Charakter, in welchem derGeist der französischen Litteratur der ersten Hälfte des Jahr-hunderts seine feinsten Blüten gezeitigt hat.
Die Gesellschaft, in der ich, wie bisher beschrieben, mich be-wegte, war von diesem Geiste angehaucht, und dies bedeutete umso mehr, als die lebhaften intellektuellen Interessen die Menschenin regstem sozialem Verkehr, ohne allen Prunk und Luxus, unter-einander verbunden hielten. Ohne daß eine gewisse Eleganz, einwenig Raffinement der Küche, mancherlei Kurmacherei aus-geschlossen gewesen wären, hatte doch das Ganze den Grund-charakter der Einfachheit, und der Ehrgeiz, wenn man so sagendarf, war gauz auf die geistigen Interessen gerichtet.
Ich hatte, wie schon oben erwähnt, dnrch d'Alton seine ältereSchwester Madame Karoline Janbert kennen gelernt. Es waran einem der ersten Abende, die ich bei ihm zubrachte, alsdas Gespräch über Homöopathie, die Meinungsverschiedenheitzwischen ihr und mir, die erste Annäherung zu Stande brachte.Daraus sollte sich dann eiue Freundschaft entwickeln, die ich zuden anmutigsten und produktivsten meines Lebens rechne, die mitihr bis an den Tod dauerte.
Als ich sie im Jahre 1861 kennen lernte, war sie schon einealte Dame, selbst nach Pariser Begriffen; sie war 1803 geboren;nnd was noch besonders dazu beitrug, sie zur Matrone zu stempeln,sie war außerordentlich jnng, noch nicht sechzehn Jahre alt, aneinen viel älteren Mann verheiratet worden. Sie machte auchgar keine Anstrengungen, sich künstlich zu verjüngen. Aber trotz-dem sie in Kleidung und Gebaren auftrat wie eine alte Frau,konnte man nicht bestreiten, daß ihrem Umgang ein gewisser Reizder Weiblichkeit blieb, der bei den feinsten und besten ihres Ge-schlechtes auch in den höchsten Jahren nicht schwindet. So wares ja auch der Fall mit der oben genannten Josephine von Wert-heimstein . Und damit ist nicht einmal das rein Geistige gemeint,sondern auch in dem Gesamtausdruck der körperlichen Erscheinung,in den Zügen, in den Bewegungen und in der Gestalt kann noch