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dem sie meistens leidend war, genoß sie als eine der anziehendstenWeltdamen einen europäischen Ruf in der eleganten Gesellschaft.Ich habe selten soviel Schönheit und Liebenswürdigkeit vereinigtgesehen. Wie viele Damen ihrer Art, bewahrte sie bis in ihrhohes Alter den Zauber der Anziehungskraft und sogar derschönen Erscheinung. In der Zeit, von der ich hier spreche, standsie noch in der Blüte der Jahre.
Sah Sainte-Beuve aus wie ein französisches oder italienischesPfäfflein, so sah Msrimse aus wie ein englisches Parlaments-mitglied. Bei im übrigen verbindlichen Formen hatte seinWesen etwas Kaltes uud Zugekuöpftes. Zu gleicher Zeit war erdoch weltlicher als Sainte-Beuve; er ging viel in Gesellschaften,auch an den Hof, wo er ein intimer Freund der Kaiserin Engenieund ihrer ganzen Familie, namentlich anch der PrinzessinMathilde, der Tochter des Königs Jsröme, war, und nebenbei warer anch zu finden bei den großen Damen der Halbwelt, die aufhochgebildeten Umgang hielten, wie Madame de Paiva, dieBesitzerin des wunderbaren Palastes in den Champs Elysses, dieTochter des jüdischen Schneiders Lachmann aus Moskau .
Msrimse war im Gegensatz zu Sainte-Beuve ein Polyglott,namentlich spanisch und russisch trieb er aus dem Fundament, wo-von seine Schriften reichlich Zeugnis geben. Deutsch verstander nicht.
Wie die Gedankenverbindung von Sainte-Beuve zu Msrimseführt, so führt sie vou diesem zu Henri Beyle , mehr unter seinemSchriftstellernamen Stendhal bekannt. Persönlich kannte ich ihnnicht mehr, denn, 1783 geboren, starb er schon 1842, aber seinefreundschaftliche Verbindung mit Msrimse, der seine Werkeherausgegeben hat uud die uahe Geistesverwandtschaft, in derbeide zu einander standen, beweisen, daß man nicht an dem einenvorübergehen kann, ohne auch an den anderen zu denken. Derskeptische Zug ist in ihm am stärksten ausgedrückt; von ihm hatihn Msrimse, anch mit der Beimischung von Paradoxie, dieStendhal liebt, beides gemildert, am mildesten in Sainte-Beuve ,der von Paradoxie keine Spur an sich hat. Stendhal war, wieMsrimse, relativ, d. h. für französische Zustände, Kosmopolit.Er lebte viel in Italien , das er schriftstellerisch behandelte; er starb