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Siebentes Kapitel.
Charakteristisch ist, wie im Geist und in der Erinnerung derErzählenden die öffentliche Rolle ihrer Helden im Vordergrundsteht. Obwohl von öffentlichen Angelegenheiten sehr wenig, vongalanten und künstlerischen sehr viel die Rede ist, so wird Berryerdoch nicht oft erwähnt, ohne daß er der Zranä oratsur genannt würde.Dabei war zur Zeit der Handlung ebenso wie später der einfacheAdvokat am Pariser Gerichtshof, nie etwas Anderes, als eben ein-facher Advokat, und daneben Abgeordneter, aber in letzterer Eigen-schaft stach er viel weniger hervor als in der anderen. WasBerryer die hohe Stellung in der Oesfentlichkeit uud die An-ziehungskraft des Ruhms in der besten Gesellschaft gab, das warseine aller sonstigen Ehren und Würden bare Thätigkeit als Ver-teidiger, in der auch seine oratorische Begabung viel größerenWiderhall fand, als in der politischen. Dergleichen ist bei unsganz undenkbar. Erst spät, ein Mann im Alter von vierund-sechzig Jahren, gelangte er, als seine Berühmtheit bereits dafürgesorgt hatte, zu einem Sitz in der Akademie.
Seine gerichtliche Laufbahn hatte früh begonnen, die Auf-merksamkeit auf sein Talent zu lenken.
Seine erste Oauss eslsbrs war die Verteidigung des MarschallNey im Jahre 1815. Damals war er erst fünfundzwanzig Jahrealt. Dann verteidigte er der Reihe nach beinah alle berühmtenLeute, welche aus den verschiedensten Gründen angeklagt waren,Lamennais, Chateaubriand, Montalembert wegen Preßvergehen,Louis Napoleon, den Prätendenten von Straßburg , im Jahre 1840.Madame Jaubert erzählt in ihren Erinnerungen, daß sie sichaus dieser Verteidigungsrede ihres Freundes vor der Pairskammer,der sie beiwohnte, der Worte erinnerte: „L'sgt un Kon ssunskomms sntstö, n'oooutant xk8 Iss oonssils, rums Hui ras xg,rs,!tuu illuirüns psu rsclomabls". Obwohl Berryer als Vorkämpferund Anwalt der bonrbonifchen Legitimität auch in gleichem Maßedem Dienst der katholischen Kirche sich widmete und sich widmenmußte, trat dieses Element in den mündlichen und schriftlichenReminiszenzen seiner ungläubigen Freundin gar nicht hervor.
Die Rolle, welche Berryer unter der Julimonarchie und demzweiten Kaiserreich spielte, hatte eine gewisse Analogie mit dervon Windthorst in Preußen und dem Reich seit 1866; aber gerade