Beziehungen zu Deutschland und erste Reisen ins Vaterland. 501
Vom echten Kern gesunder liberaler Grundsätze, die diesenpreußischen Liberalen der alten Schule fest ins Herz gewachsenwaren, ist im heutigen nationalliberalen Nachwuchs keine Spurmehr zu entdecken. Die hannoverische Linie der Bennigsen undMiquel hat ein gut Teil dazu beigetragen, die Demoralisationeinzubürgern, welche das Bismarck 'sche Regiment systematisch aus-streute, um Deutschland schließlich unter eine Junkerherrschast zubringen, wie sie vorher nie bestanden hatte.
Meine alten nationalliberalen preußischen Freunde, die vonUnrnh, von Winter, von Forckenbeck waren nichts weniger als radikaleFrondenrs, aber sie waren Männer von redlicher, fester, wohl-durchdachter Überzeugung. Das Jahrzehnt von 1880 bis 1890hat diesen Geist ganz und gar aus der nationalliberalen Parteiausgetrieben. Jene Freunde mußten noch die traurige Wandlungder Dinge erleben, welche allen ihren einstigen Hoffnungen undBestrebungen bei ihrer Mitarbeit um die Begründung desDeutschen Reiches Hohn sprach. Sie sahen mit Grausen die Ver-wüstungen, welche das Bismarcksche System im Geist und in derGesetzgebung des Landes anrichtete. Was würden sie erst gesagthaben zu der Nachwirkung, die nach Bismarcks Sturz im Laufedes letzten Jahrzehnts zu Tage trat!
In der ersten Hälfte der sechziger Jahre stand Deutschland und insbesondere Preußen noch unter dem Zeichen des Militär-konfliktes, aber trotz aller Preßverfolgungen und Verfasfungsbrüche,wie frei und lebhaft war die Regung der Geister, welch einidealer Zug ging durch das ganze gebildete Bürgertum! Imdeutschen Südwesten, jenseits der preußischen Grenzpfähle, waranch im Gebaren der Regierungen bereits eine mildere Praxiseingetreten. Die bittere Verurteilung, welche Bismarcks eyuischesAuftreten gegen die preußische Volksvertretung in ganz Deutsch-land erfnhr, bestimmten die im Bundestag von ihm bedrängtensüddeutschen Regierungen dazu, etwas für ihre Popularität imeigenen Lande zn thnn. Es war die Zeit (1862), wo HerzogErnst von Coburg in Frankfurt a. M. als Schützenkönig in dertyroler Joppe auftrat und den in Preußen verfolgten liberalenSchriftstellern bei sich Gastfreundschaft gewährte. Ein Frenndschrieb mir damals, des Herzogs Kandidatur für die deutsche