Druckschrift 
Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
Seite
502
Einzelbild herunterladen
 
  

502

Achtes Kapitel.

Kaiserkrone habe ihren Reiz darin, daß er kinderlos sei, so daßman auf ihn die Republik folgen lassen könne.

Unter dem Eindruck der aus der Heimat kommenden Berichte,stieg der Gedanke in mir auf, daß ich es vielleicht wagen könnte,wenn auch nicht in mein engeres hesfendarmstädtisches Vaterlandoder nach Bayern , wo noch die Strafnrteile von 1849 gegenmich in Kraft standen, so doch nach Baden und Württemberg michohne Fnrcht vor Auslieferung für vorübergehenden Aufenthalt zubegeben. Bereits im Jahre 1861 hatte ich meine Fühler nachdieser Seite ausgestreckt. Im März dieses Jahres that ich Schrittebei der preußischen Gesandtschaft in Paris . Ich hatte eine Unter-haltung mit dem Prinzen Reuß, der zur preußischen Vertretunggehörte, über die Frage, ob ich ohne Gefahr der Auslieferung anHessen nach Berlin gehen, könne. Er versprach nur, daselbst an-zufragen. Nach etwa zwei Wochen erfolgte die Antwort dahin,daß man sich in Berlin zu nichts verpflichte, denn wenn Hessen Auslieferung verlangen sollte, wäre man nach den Bundesgesetzenverpflichtet, dem Folge zu geben.

Im folgenden Jahre beauftragte ich meinen Freund, denKomponisten Rosenhain, der, wie gewöhnlich, im Sommer seinLandhaus iu Baden bewohnte, einmal das Terrain zu sondieren.Er berichtete mir, daß er aus zufälligen Gründe u nicht denStadtdirektor habe befragen können, daß ich aber nach derAnsicht aller kompetenten Personen da vor jeglicher Belästigung sichersei. Das war Ende Juli 1862. Es genügte mir jedoch eine soformlose Zusage nicht, und da ich im August in Geschäften nachTurin und London zu reisen beauftragt wurde, trat der Gedankewieder in den Hintergrund, bis der Zufall wollte, daß ich inLondon mit meinem alten Frenud Friedrich Kapp zusammentraf,der zum ersten Besuch nach Deutschland von Amerika herüber kam.

Wir verbrachten ein paar sehr vergnügte Tage zusammen.Hatten wir uns doch seit dem Sommer 1849, wo wir uns inGenf getrennt hatten, nicht wiedergesehen. Wir hatten uns seit-dem beide nach Überwindung der großen Schwierigkeiten, die unsim Wege gestanden, mit der Anserwählten unserer Jugend ver-heiratet und es zu eiuer schön gefestigten Existenz gebracht. Was