Sechstes Kapitel.
Die Reaktion von 1850—1858, imbesonderen in Preutzen.
Der Bund und, die Reaktion.
Deutschland erlebte nach dem Zusammenbruch der Bewegungvon 1848—49 eine allgemeine Reaktion, ähnlich wie nach derReformperiode der französischen Zeit und der Freiheitskriege. Überdiese zweite Reaktionsperiode unseres Jahrhunderts, die mit derNiederlage von Olmütz am 29. November 1850 begann und mitder Regentschaft des Prinzen von Preußen seit dem 7. Oktober1858 und der Niederlage Österreichs im Kriege von 1859 gebrochenwurde, können wir erst seit der Begründung des deutschen Reichsund der Gesetzgebung der siebenziger Jahre ruhig urteilen. Übereinen bedeutsamen Faktor in dieser Entwickelung, über die Rivalitätender um die einflußreichsten und einträglichsten Ämter streitendenDiplomaten und hohen Beamten in der Umgebung König Friedrich Wilhelms IV. , die sämtlich als Staatsmänner wenig bedeuteten,gerade deshalb aber persönliche Ansprüche in Rechnung stellten, wonur die Fähigkeit entscheiden sollte, haben wir auch erst durchBismarcks „Gedanken und Erinnerungen " etwas nähere, jedochmehr anregende als abschließende Kunde erhalten.
Eine kleine, aber durch den Einfluß auf die Fürsten mächtigePartei war allerorten im Besitz der staatlichen Gewalt und machtevon ihr einen rücksichtslosen Gebrauch, um Zustände wieder herzu-stellen, die seit der napoleonischen Zeit als überlebt erkannt waren.Sie wollte zunächst die Gesetze von 1848—50 beseitigen, sodannaber gewisse Grundsätze der Reformen der Periode vor 1819, in