siebentes Kapitel.
Regentschaft und Anfänge KönigWilhelms I.
Das Novemberprogramm.
Der Prinz übernahm die Regentschaft am 8. Oktober 18S8,entließ am 5. November das Ministerium Mantenffel und bildeteein ueues Ministeriuni aus den Kreisen des Grafen Schwerin undseiner Freunde. An diese Minister richtete er am 8. Novembereine Ansprache, die alsbald veröffentlicht wurde uud fo den Charaktereines förmlichen Programms der neuen Negierung gewann. Eswar ein in jeder Beziehung ungewöhnlicher Vorgang. Man merkte,wie schwer es dem Regenten wurde, über die Regierung des Bruderszu urteilen, aber um so deutlicher trat hervor, daß er es für un-erläßlich hielt, dem Volke die Bernhiguug zu geben, daß es nichtso weiter gehen solle. Die Erklärung ist nicht geschickt gefaßt. Esfinden sich Wendungen, die einander widerstreiten, und andere, diein einer so feierlichen Erklärung von höchster Stelle nur mit Ver-wunderung gelesen werden können. So klingt es mehr schulmeisterlichals königlich, wenn es heißt:
Diese Bedürfnisse fter Zeit^ richtig zu erkennen, zu erwägen und insLeben zu rufen, das ist das Geheimnis der Staatswcisheit, wobei von allenExtremen sich feruzuhalteu ist. Unsere Aufgabe wird in dieser Beziehungkeine leichte sein, deun im öffentlichen Leben zeigt sich seit kurzem eiue Be-wegung, die, wenn sie teilweise erklärlich ist, doch andererseits bereits Spurenvon absichtlich überspannten Ideen zeigt, denen durch unser ebenso besonnenesals gesetzliches uud selbst energisches Handeln entgegengetreten werden muß.Versprochenes mnß man treu halten, ohne sich der bessernden Hand dabeizu cntschlagen, nicht Versprochenes muß man mutig verhindern. Vor allemwarne ich vor der stereotypen Phrase, daß die Regierung sich fort und fort