Erstes Kapitel.
Reform und Restauration.
Die Franzosenzeit und die Reform. -
Zeitungen wurden in Deutschland um 1800 in geringer Zahlgedruckt und auch nur von einem kleinen Teile der Bevölkerunggelesen, aber die Nachricht von dem, was in Paris geschehen warseit dem Mai 1789, das machte seinen Weg auch in die niedrigstenHütten. Wie ein Evangelium klang das Wort, daß die Lastengleich verteilt werden sollten, nnd der Bauer frei werden von dementsetzlichen Druck. Der Lüneburgischen Landschaft wurde 1792 eineDenkschrift eingereicht, welche forderte, alle Privilegien aufzuhebenund die Staatsbürger nach der Größe ihres Vermögens zu denLasten des Staates heranzuziehen. Es erschienen heftige Flug-schriften, besonders verhaßte Adelige wurden mit dem Tode bedroht,und in zahlreichen Dörfern und Städteu bildeten sich Vereinigungen,in denen über eine Änderung der Zustünde beraten wurde. Dochbeschwor hier die Regierung den Sturm schon durch eine Herab-setzung der Kopfsteuer. An manchen Orten schlug die Bewegungähnliche und noch stärkere Wellen, aber in der Hauptsache blieb esüberall beim Alten, bis die Lande zu Frankreich oder zu dem König reich Westfalen gezogen wurden.
Die Artikel 10—IS der Verfassung des Königreichs Westfalen hoben jede Leibeigenschaft wie jedes politische Privileg, namentlichjede Befreiung von Personen oder Korporationen von den öffent-lichen Lasten auf und verkündeten freie Ausübung jedes Kultus undGleichheit aller Unterthanen vor dem Gesetz (15. November 1807).Zugleich brachte dieser Staat in das Gewirr von Ländern und