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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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V. Die Nomantiker.

Orieut stamme, oder ob sie, wie wir heute wissen, in der Umgegendvon Paris ihre Heimat hat. Das Bezeichnende bleibt, daß allejungen Künstler, alle jene, die sich über den Friedensschluß hinansdie Begeisterung des Befreiungskampfes wahrten, das Andenken andie Erhebung des Volkes in gotischen Bauwerken zu feiern ge-dachten. So wollte Karl Sievekind 1815 einen deutschen Dom aufdem Schlachtfelde von Leipzig erbauen, wahrlich ein Gedanke, derdein geschichtlichen Gang der Befreiung der Nation entsprach. ErnstMoritz Arndt hatte 1814 in den Deutschen Blättern einenAnfruf dazu erlassen. Ein kleines unscheinbares Denkmal thue esnicht: nicht ein solches in der Stadt Leipzig selbst; es müsse draußenstehen, wo so viel Blut floß; es müsse groß und herrlich sein, wieein Koloß, eine Pyramide, ein Dom in Köln ; einfach, wobei dieKunst keine Äffereien anbringen; und gegen das der nordische, allenDenkmälern so feindselige Himmel nichts ausrichten könne. EinErdhügel von 200 Fuß Höhe, Feldsteine daranf gewälzt, ein riesigeseisernes Kreuz darüber, das Zeichen des Heils und der Herrscherdes neuen Erdballes; auf dem Kreuz eine goldene Kuppel, die indie Ferne leuchtet. Das Land rings um den Hügel solle für ge-heiligt erklärt, umwallt, mit Eicheu bepflanzt werden, ein Kirchhofsein für deutsche Männer, auf dem das Vaterland geliebter HeldenLeichen begrabe.

Ein Freiherr Adolf von Seckendorf forderte zu Beiträgen auf,das Werk zu errichten. Es gingen zehn Thaler ein. Reichlicherwaren die eingehenden Vorschläge über Gestalt des Denkmals unddafür, wie Mittel zu beschaffen wären. Der Architekt Weinbrennertrat der Frage nahe. Er wollte über einer Festung, deren WändeFlachbilder zieren, einen würfelförmigen Bau, daraus eine Pyra-mide, die Viktoria mit dem Viergespann. Der Gedanke fand nochweniger Beifall als der für das Denkmal zu Waterloo, auf demBlücher uud Wellington zur Seite der höher gestellten Europa augeorduet waren. Witzige Köpfe freuten sich darüber, daß dieSiegerin auf ihrem Ochsen dahergeritten kam. Kotzebue wollte eineunweit Reichenbach im Odenwald liegende zehn Meter hohe Granit-süule, angeblich Römerwerk, bei Leipzig aufrichten, den ersten wieden letzten Unterjochern ^Deutschlands zum Trotz. Aber 1818 sagte