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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
Entstehung
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Viertes Kapitel.

Die Landschaft.

Salomon Geßner , dessen arkadische Idyllen die Welt entzückten,der sich in ihnen als einen dichterischen Maler von besondererFeinheit offenbart hatte, fühlte in sich den Beruf, seine Verse inBilder umzusetzen. Er malte nach der Natur, empfaud aber bald,daß ihm die Manier noch abgehe, die den Gegenständen der Naturihreu wahren Charakter beibehält. Das heißt: er machte die Er-fahrung, die keinem Zeichner erspart bleibt, daß das Darstellen derWahrheit nicht vom guten Willen abhängt, sondern daß im Über-tragen der körperlichen und farbigen Natur auf das Blatt eiueThätigkeit liegt, welche die volle Wahrheit ausschließt, dagegen vom.Künstler ein tieses geistiges Verarbeiten des Gesehenen nach seinersinnlichen Wirkung fordert, damit eben der Eindruck der dem Bildethatsächlich fehlenden Wahrheit geschaffen werde. Und daß diesVerarbeiten die große geistige That des Künstlers, die eigentlicheKnnst sei. Geßner aber meinte, dies sei uur das Handwerk, das manden großen Meistern absehen müsse, die Manier; daher leruteer fleißig an den Werken der besten Künstler, die er erreichen konnte,und gelaugte so zur gewünschten ausdrückenden Manier ohneviel geistige Anstrengung. Als die That, die der echte Künstlerzu leisten habe, stand ihm dann nur uoch die Verknüpfnng dessichtbar Gemachten mit den zu erratenden, vielbedeutenden Gedankenvor Augen, dessen Erfüllung mit dichterischem Schwuug, frommeuEmpfindungen, gebildeten Erwägungen.