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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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V. Die Romantiker.

blättern und landschaftlichen Entwürfen zeigt er feinen Sinnfür gerade diese. Alles weist deutlich daraus, daß der (Gartenbauals der Vermittler des landschaftlichen Verständnisses und der Ein-heit zwischen dein Banwerk und dessen landschaftlicher Unigebnngihn leitete uud auregte. Er hat diese Herkunft seiuer roman-tischen Stimmung später überwunden, seiner ganzen Natnr nachdie Gotik monumental auszugestalten verstanden, ja in klassischenEntwürfen, wie den für das Schloß Orinnda in der Krim, dieseVerbindung besonders reizvoll festgehalten. Aber er ist in seinerFormenkenntnis der Gotik nie über das hinansgekommen, was inEngland vor ihm geschaffen worden war. Mit der Abneigung aber,mil der die ganze Zeit ihr Verhältnis zu dem Borhergehenden,ihre Abhängigkeit vom Überwundenen betrachtete, hat er sich aufseinen Reisen in England und Schottland gerade dem ihm amnächsten Stehenden feindlich gegenüber gestellt. In seinen erstauu-lich nüchternen Reiseberichten findet sich kaum ein warmes Wortfür die Werke, vou denen er, vielfach unbewnßterweise, das meistegelernt und geschöpft hatte. Nicht Soane und nicht James Wyatt ,seinen eigentlichen Vorläufern, vermochte er ein Verständnis abzu-riugen, ja mau kaun nicht ohne Verwunderung sehen, wie eng be-grenzt sein Schvnhcitsemvfinden den gleichzeitigen Engländern gegen-über war, wie er im Grnnde genommen alle ihm fremden Kunst-formen, seieu es die des Orients oder des frühen Mittelalters, dieder Renaissance oder der jüngsten Zeit, ablehnte, ganz befangen vonseiner Auffassung der Antike. Ihm sind die Engländer, wie dieFranzosentrivial". In der neuen Zeit, sagt er, giebt es ganzeVolker, die auf der sogenannten höchsten Bildung steheu, iu denenjedoch kein Kunstideal hervorleuchtet, die iu betreff der Kunst nurgemeiue Täuschung, Natürlichkeit, wie sie der Zufall giebt, Sauber-keit der Technik verlangen. Hier diene die Kunst zum gemeinenZeitvertreib, werde eine Äfferei und zuletzt ein Stück Unsittlichkeitin einer Forin, die kaum wieder zu verbannen ist. Die volle Über-zeugung, daß die deutsche Kunst dnrch ihre Idealität, durch ihreErkenntnis, sich selbst Zweck zn sein, die Künste aller anderen Völkerübertreffe, spricht sich klar aus diesen Worten. Schinkel ging nachParis und London auf königlichen Befehl, um die Einrichtung der