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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Schinkel und England .

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Museen zu studieren. Er giug mit dem Bewußtsein, das; erdort für sein bestes Teil, sür seiu ideales Schaffen, nichts lernenkönne.

Wenn Schinkel die romantischen Bauten Englands langweiligsand, so sind es seine nns nicht minder. Es gähnt uns die volleÖde des Zopfes entgegen, die gerade Schinkel überwunden znhaben glaubte; die Herrschaft des Lineals, des verschluckten Lad-stockes, um mit Heine zu sprechen. Es wird schwer, an die Ehr-lichkeit jener zu glauben, die auch diese Werke für Zeugnisse desGeuius ausschrieeu.

Und doch! Nach 1873 fragte Richard Lucae, der Berliner Architekt, der mehr als andere den Abfall des Nachwuchses vouSchiukels Lehre vorbereitete, diejenigen, die Schinkels Werke lang-weilig und reizlos finden, was er anders hätte thun sollen oderkönnen? Ihm sei es nicht versagt gewesen trotz seiner der Antikezugewendeten Natur in das Wesen der übrigen Stile einzudringen.Das beweisen seine Theaterentwürfe, seine Bilder uud Zeichuuugen,seine Pläne zum Siegesdom. Ja Lucae rust aus, Er er schreibter mit großem Anfangsbuchstaben Er beherrschte die ganzeFormenwelt der Architektur mit Geist und Haud in einer Weise,wie es heute wohl selbst die routiniertesten Meister nicht von sichrühmen können.

Man merke wohl: das ist 1873 gesagt, in einer Zeit, woschon die gotischen Schulen am Rhein, in Hannover, in Wien blühten, die Renaissance ihren Siegeszug begnuu. So geblendetvon Schinkels Ruhm war eiuer der Klarsten damals in Berlin !Es dauerte nur noch zwöls Jahre, bis der Münchener FriedrichPecht in seinen Studien Deutsche Künstler Schinkel als Beispieldafür aufführte, daß mau ost einen willensstarken Mann, dessenBildung, Geist, Verstand, Thatkraft und Rührigkeit für Genie nehme,während er nach Pechts Anschauung ein nüchterner, des eigentlichenKönnens entbehrender Architekt war, aus dem nie das Werk in freiemStrom hervorquelle, sondern der es verstandesmäßig lind kaltenHerzens aus stilistischen Regeln zusammenbacke.

Auch hier thut man gut, nicht wie es Pecht gefiel, den Geschmackseiner Zeit zum Maßstab für fremde Kunst zu wählen, sondern den