Z 23. Deutsches Reich 1905 bis 1914.
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ausgesprochen. Es hat sich aber zugleich die Anschauung aus-gebreitet, daß jener Kurs von den gegenseitigen Zahlungs-verhältnissen abhänge, was in unserer Sprache nichts anderesist als die Einsicht, daß jener Kurs „pantopolisch" bestimmtwerde.
Unsere Geldverfassung ist jetzt sehr ähnlich derjenigen, diein England zur Zeit der Napoleonischen Kriege bestand, sowiein Frankreich zur Zeit des deutsch -französischen Krieges von1870/71 oder in Österreich von 1859 bis etwa 1906. Kurz, siegleicht der Geldverfassung aller Staaten, welche genötigt sind,Kriege zu führen, zu denen die finanzielle Kraft bei „normaler"Geldverfassung nicht ausreicht. Wir haben Papiergeldwirtschaft!Das mag beklagenswert sein: aber sie ist ein gewaltiges Hilfs-mittel. Kein Staat kann unter allen Umständen darauf ver-zichten. Es kommt nicht darauf an, sie zu beklagen oder sie zuverurteilen; sondern darauf kommt es an, wie man diesen Zu-stand nach eingetretenem Frieden wieder heilt. Daher hat dieösterreichische Geldverfassung eine so große Wichtigkeit für denTheoretiker.
Von der Neuordnung nach dem Kriege zu reden hat vorläufigkeinen Zweck; es muß vorher bekannt sein, wie die Handels-beziehungen mit den Nachbarstaaten sich gestalten werden undob unter den Staaten einer sein wird, der eine vorherrschendeStellung einnimmt. Wenn ein solcher sich herausbildet, so wirddie Frage wichtig, welche Geldverfassung er haben wird.
Es ist nicht wahrscheinlich, daß das Deutsche Reich baldwieder im strengen Sinne des Wortes zur Goldwährung zurück-kehrt. Solche Restaurationen haben immer sehr lange Vor-bereitungen erfordert. Auch in Frankreich und Italien wird esschwerlich bald geschehen, von Rußland ganz zu schweigen. Wirwerden für den inneren Verkehr vorläufig beim Notalgeldebleiben.
Damit ist aber nicht behauptet, daß dem Golde seine Vor-zugsstellung in unserer Goldverfassung völlig genommen werde.
Knapp, Theorie des Geldes. 2. Aufl. 28