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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Journalist und Volksredner.

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Bücher hatten den Haß gegen Ludwig Philipp in ihrer einseitigenverbissenen Agitationsweise zu uns verbreitet. Sein Verhaltenwährend des schweizerischen Sonderbuudkrieges, die Begünstigungder reaktionären Urkantone, war uns liberalen Deutschen besonderswiderwärtig gewesen. Sein Sturz, die Rückkehr der Republik er-schien im Strahlenglanz einer neuen Epoche. Aber was thun,um der ungeheuren inneren Aufregung einen Weg nach außen zubahnen? Das erste, was ich that, war nach dem Museum derKonversations- und Lese-Gesellschaft zn stürzen. Dort fand ich dieallabendlichen Zirkel der älteren Herren um ihre ruudeu Tischemit der Pfeife versammelt, die sich wie immer behaglich, diesmaletwas lebhafter vom Ereignis des Tages unterhielten. Mit eiuem,dem Bankier von Heidelberg , einem würdig aussehenden Mannmit lang herabwallendem Haar, der sich eine liberale politischeRolle zurecht gemacht hatte, geriet ich bald in einen heftigenDisput, da er an den Sieg der Revolution nicht glauben wollte.Hier war meines Bleibens nicht. Ich ging nach Hause und er-klärte meinen Freunden, jetzt sei nichts zu machen, als nach Straßburg zu fahren, um wenigstens auf gemeinsamen Boden mit den Begeben-heiten uud in Kontakt mit gleichfühlenden Menschen zu kommen.Meinem Feuereifer ward es nicht schwer, sie zu überreden, nndandern Morgens fuhren wir mit der Eisenbahn bis Kehl , von damit dem Omnibus nach Straßburg hinein. Ich habe späteranderwärts unter dem Namen eines Dritten die Erlebnisse dieserwenigen Tage beinah getreu bis in die Einzelheiten erzählt^).Hier sei nur in Kürze der Umriß angegeben.

In Straßburg spät angekommen, erkundigten wir uns, woMenschen versammelt sein möchten und wurden in ein Kaffeehausgewiesen, wo noch die Studenten tagten. Wir meldeten uns da alsHeidelberger Studenten, wurden sogleich aufs brüderlichste begrüßtund waren in die richtige Gesellschaft geraten, die das große Ereignisfeierte. In den oberen Räumen herrschte derselbe Zubel unter einerda versammelten Schaar von Nationalgarden. Straßburg war einestark republikanisch gesinnte Stadt. Alsbald schickten die aus dem

>) In dein damals (l868) von Julius Rodenberg herausgegebenenSalon" uuter dem Titel:Ans grünen Tagen".