Zitz die Festrede, in welcher er die „Errungenschaften" verherrlichte,nicht minder den „hochherzigen Fürsten ", der sie gewährt hatte.Diese Erstlinge der beginnenden Ernte waren: Petitions - undVersammlungsrecht, Preßfreiheit und Abschaffung eines verhaßtenPolizeistrafgesetzes. Das Schlußwort der Rede ist für dieStimmung und den Stil jener Tage so bezeichnend, daß es derMühe lohnt, es nach einem damals verfaßten Bericht wiederzugeben.
„Mitbürger! Der Unterthan schwört Treue seinen! Fürsten und demGesetze; der Soldat schwört zu seiner Fahne; der freie deutsche Maun schwörtans die Freiheit, diese leuchtende Standarte der Völker! Laßt mich diesemfeierlichen, uuter den Sternen des Himmels abzulegenden Eide ein Gebetvorausschicken. (Der Redner fährt knieend fort) Freiheit! Begeisterung desJüuglingS, Glück des Mannes! Trost des Greises! Wir haben dir in demHerzen deutscher Natiou einen Hochaltar errichtet, und nie soll das heiligeFener darauf erlöschen! Wir haben dir im Willen und in der Kraft desdeutschen Volkes einen Tempel gebaut, in dem wir deine erhabene Gottheitandächtig verehren! Freiheit, in der Vergangenheit unser sehnsüchtiger Traum,du bist uns zur beglückenden Wahrheit geworden. Breite deine schützendenFlügel über dein treues Volk, das zu dir emporjauchzt und sich dir nnd nurdir zu eigeu ergibt! Mitbürger! Beuget das Knie und schwört alle: Wirschwören für die Freiheit zu leben uud zu sterben!"
Die Tausende (so fährt der Bericht fort) erhoben alle die Hand zumSchwur. Eine Rakete erhob sich in die Lüfte, und in demselben Augenblickstand der Dom in einem Lichtmeere gleich einem Riesenaltar. Und mit be-geisterter Stimme rief der Redner in die erfolgte lautlose Stille:
„Es lebe die Freiheit! Mitbürger! Wen» unserer jungen Freiheit Gefahrdroht, wenn enre Volkstribuueu euch rufen — wer dann nicht einsteht mitGut und Blnt zum Schutze des Errungenen, der hat den eben geschworenenEid gebrochen — er ist ein Verräter an der heiligen Sache. Es lebe dieFreiheit!!!"
Und den Bürgermeister der Stadt umarmend, schloß der Redner:„Freiheit und Ordnung, sie wandeln Hand in Hand znm Schutze deKLandes, zum Glück des Volkes, Freiheit, Orduuug und Gesetzlichkeit hoch!"
Ich staud frei vou jeder aktiven Beteiligung unter der Masseauf dem Platz, nicht ahnend, daß ich einst zweinndzwanzig Jahrespäter von derselben Stelle, aus Frankreich kommend, nach derSchlacht bei Sedan unter ähnlichem Apparat, doch wohlver-standen ohne Kniebeugung noch Eidschwur, die Notwendigkeit derWiederherstellung des deutschen Kaisertums verkünden würde.
Drittes Kapitel.