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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Journalist und Vvlksredner.

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Meine Gedanken waren an jenem Abend des 8. März 1848geteilt zwischen der neuen Freiheit und einem jungen Mädchen,das ich im Gedränge fest am Arme hatte. Derselbe Tag,welcher Hessen seine Errungenschaften gebracht, hatte einen Herzens-kampf hold zu Ende geführt, und diese Errungenschaft überlebteglücklicherweise die der hessischen Freiheit.

Wie der Zufall damals die beiden für mich beglückendenWendungen auf einen Schlag zusammengefügt hatte, so klangensie, ein einziger helltönender Akkord, in meinem Innern zusammen,so sind sie in meiner Erinnernng an die Stimmung jenes Abendsbis auf den heutigen Tag unlösbar verbunden geblieben. Nachallen Richtungen ist jener Tag für meine Zuknnft entscheidendgewesen.

Aber so gewaltig auch der augenblickliche Triumph derFreiheitsgedauken und so freudig er mich erfaßte, darin bliebmeine Empfindung innerlich vom ersten Moment an geteilt, daßich niemals das scheinbar erworbene Gut für geborgen hielt.Auch inmitten des Freudenrausches protestierte meine innereStimme gegeu das Vertrauen zu den Regierenden, von welchemdie Demonstrationen Überflossen. Hatten doch die fackeltragendenBürger ihre Ovation nicht bloß ihrem Helden Zitz, sondern, auchim Vorüberziehen dem preußischen Vizegouverneur und demösterreichischen Platzkommandanten dargebracht. So jung und soneu in der praktischen Politik ich war, die Bonhomie, mit derdiese Generale sich die Hochs des freien einigen Deutschland gefallen ließen, kam mir selbst in diesen feierlichen Stundensehr verdächtig vor. Bei aller Begeisterung für das, was mandamals in Dentschland die Revolution nannte, empfand ich nochlebhafter den Trieb, die dankbare Vertrauensseligkeit der Liberalenvor den Gefahren der Selbsttäuschung zu bewahren. Das gut-gemeinte, aber theatralische Pathos, welches Zitz an jenem Abendentfaltete, ließ mir einen herben Nachgeschmack zurück. Später,als wir gute Kameraden wurden und zu allen Zeiten blieben,hatte ich noch manchmal Gelegenheit, seinen natürlichen, warm-herzigen Schwung mit etwas Kritik abzukühlen, uud das trugmir in den Reihen unserer gemäßigten Liberalen, die bald

Bainbergers Erinnerungen. Z