Journalist und Volksredner.
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stolz und breit ein- und aufgepflanzt, nnd das pflanzt sich inseiner Art bis iu die thüringischen Staatsinfusorien fort, welchedem modernen Ange nur uuter dem Zeichen komischer Ueber-bleibsel prähistorischer Zeiten erscheinen. Innerhalb ihrer Grenzenfinden ihre glücklichen Bewohner, das alles äußerst natürlich, uud beijeder soleuueu Gelegenheit, Hochzeit, Tod oder Geburt im Fürsten-hause quillt der Enthusiasmus für dessen Fortbestand ganz freiwilligaus den loyalen Herzen. Etwas hat dazu auch gethau die mehrverbreitete und gesteigerte Erwecknng des patriotischen undnationalen Sinnes für Festlichkeiten dieser Art, eingegeben dnrchdie Begeisterung für Kaiser uud Reich uud dann fortschwingendin allen möglichen Formen der Huldigung. Die Fahnenstangenmögen sich in Deutschland seit 1870 wohl um viele Hundert-tausende vermehrt habeu, und wenn einmal die Fahnenstangenda sind, wollen sie auch gern jede Gelegenheit benutzen, um her-ausgesteckt zu werden.
Ich bin mit dieser Abschweifung der Zeit, von der ich erzähle,um -ein halbes Jahrhundert beinah vorausgeeilt. Aber da ichnicht erzähle, um äußere Vorgänge chronologisch aneinander zureihen, sondern nm das Gewordene mit der Gegenwart zusammen-zuhalten, schien es mir erlaubt, ja wohl augebracht, Ausgangs-und Endpunkt, bis auf die neneste Zeit, hier, wo es sich umGrundstimmnngen handelt, zusammenzufügen, wenigstens insofernsich ein Stück der Vergangenheit und Gegenwart in meiner eignenDenkweise spiegelt.
Damals, im Jahre 1848, erschien uns der Bundesstaat, ausden großen und kleinen Monarchien zusammengesetzt, als uner-läßliches Opfer aus dem Altar einer deutschen Wiedergeburt fallenzu müssen; aber der Gang der Dinge seit 1866 hat im entgegen-gesetzten Sinne entschieden. Ob er recht hatte oder nicht, kommtnicht in Frage, da er einstweilen recht behalten hat; und daßer recht behalten hat, geschah aus dem Geist der Nation heraus.Damit ist alles gesagt.
Diesem anch entspricht es, wenn das landschaftliche unddynastische Eigenleben noch am ehesten in militärischen Dingensich zur lebendigen Verschmelzung in einander gefügt hat.