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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Drittes Kapitel.

dachte. Auch haben wir uns, etliche Jahre nachdem wir aus-und aneinander gekommen waren, wieder zusammengefunden. Ichwerde seiner noch öfter im Fortgang meiner Erlebnisse zu ge-denken haben.

Diese Tage des Vorparlamentes sollten mich auch zum ersten-male in meinem Leben zu einem rednerischen Anlanf treiben.

Gerade am Abend vor der Eröffnung, also am 30. März,hatten sich die verschiedenen politischen Gruppen ein Stelldicheinin verschiedenen Wirtschaften gegeben; die demokratische Schattierungtraf sich in dem recht großen Saale eines Lokales, welcheszumWolsseck" hieß. Hier war eine schwarzrotgolden kolorierte Redner-bühne aufgeschlagen. Die neuen Größen traten auf, besondersRaveaux und Robert Blum ; sehr entschieden, aber für meinenGeschmack doch noch viel zu vertrauensvoll. Ich war nicht ent-fernt mit der Absicht gekommen, in die Verhandlungen ein-zugreifen. Es verbot sich eigentlich von selbst, da ich in diesemKreise gänzlich unbekannt war. Aber bei einigen vertrauens-seligen Sätzen der Redner packte mich mit einemmale der Geistdes Widerspruchs, und ehe ich mich dessen besann, stand ich obenauf der Tribüne. Was ich sagte, weiß ich nicht mehr, aber heftigwar es gewiß und erregte dadurch die Aufmerksamkeit der Ver-sammlung. Mich selbst überkam bei der gänzlichen Ungewohnt-heit öffentlichen Auftretens und der Glut meiner Ueberzeugung einGefühl, das ich einem brennenden Schmerz vergleichen möchte, derdurch den ganzen Körper znckte.

Als ich von der Rednerbühne herab kam, sah mich ein guterBekannter aus Mainz , der dicht davor gestanden hatte, erstauntan.Ach, du bist's!" rief er aus,ich hatte dich gar nicht er-kannt." So heftig hatte die Erregung und Anstrengnng meineZüge verändert. Als etliche der Anwesenden folgenden Tags nachMainz kamen, ward in meinem väterlichen Hause berichtet, ichhätte am selbigen Abend im Wolsseck zu Frankfurt vorgeschlagen,daßgeteilt" werden solle. So erging es mir bei meiner erstenöffentlichen Rede. Noch ein zweitesmal, bald daraus, erlebte ichähnliches.

Ueber gewisse Punkte, während der Verhandlungen des Vor-parlamentes selbst, war es zu so heftigem Gegensatz zwischen der