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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Journalist und Volksredner.

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Tumult der politischen Kämpfe, bildeu einen unvergeßlichen Ruhe-punkt in meinen Erinnerungen aus damaliger Zeit. InnereJugend und Heiterkeit der Natur, im Bund mit sympathischenMenschen, ließen den Druck, der wegen des sichtbaren Rückgangsder vaterländische» Diuge auf einem lagerte, für einen Augenblickvergessen.

Da wnrde mit einem Schlag dieser Herrlichkeit ein Endegemacht.

Am Mittag des 18. September erschien ein Eilbote ausMainz, der mir die Nachricht brachte, in Frankfurt sei der helleAufstand ausgebrochen. Es war die Kunde von der Katastrophe,die sich aus dem Waffenstillstand von Malmö entwickeln sollte.Die Besiegelnng der Niederlage der deutschen Sache vor Däne-mark hatte mit Recht die öffentliche Meinung weit nach rechts überdie radikalen Parteien hinaus mit dem Gefühl ergriffen, daß diealte Bundestagspolitik wieder zur Herrschaft sich aufgeschwungenhabe. Aus dieser Erkenntnis herans entfesselte sich ganz von selbst,ohne Vorbedacht und ohne Plan, der Ansrnhr in Frankfurt . Erwar ziellos und hat den Niedergang nur beschleunigt, indemer die Haudhabe zu reaktionärem Vorgehen lieferte, wie immeralle mißlungenen Widerstandsversuche. Aber natürlich gab er nurden Anlaß zur Bethätigung dessen, was aus der inneren Verfassungder Diuge etwas früher oder später erfolgeu mußte.

Ich ließ sofort anspannen und fuhr uach Mainz,selbstverständlich,nm von da nach Frankfurt zu eileu. Ich stieg, nachdem ich meinBillet gelöst hatte, in den im Kasteier Bahnhof zur Abfahrt be-reiten Zug. Da erscheint, wenige Minuten vor Abgang, am Fensterdes Waggons ein mir unbekannter junger Mann uud winkt michheftig zu sich herau. Danu flüstert er mir ins Ohr:Soeben istvon dem am Bahnhof postierten militärischen Posten ein Telegrammnach Frankfurt gesandt worden, daß Sie im Zuge sind, uud manSie bei Ankunft festnehmen soll." Das schien mir natürlich wenigverlockend. Ich besann mich rasch und stieg aus der dem Passagier-eintritt abgewandten Seite wieder aus. In Frankfurt wurde,wie mir später berichtet ward, vergeblich nach mir ausgespäht.

Acht Jahre später fuhr ich an einem Sommertage mit meinerFrau im eidgenössischen Postwagen von Teufen nach Heideu. Im

Bainbergers Erinnerungen. I