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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Drittes Kapitel.

Wagen saß ein Herr mit einer Dame. Die beiden musterten micheine zeitlang sichtlich mit ihren Blicken. Da sagte der Mannzwar nicht laut, aber mir vernehmlich, zu seiner Dame:ErinnertDich der Herr da nicht an den Bamberger, mit dem wir zur Zeitdes Frankfurter Septemberaufstandes ein paar minutenlang imWaggon eines abgehenden Zuges in Kastel bei Mainz zusammen-saßen?"Gewiß!" antwortete die Fran, und nun gab ich michnatürlich auch zu erkennen. Zunächst drückte ich meiu Erstannenaus über das rasche Wiedererkennen nach so kurzer Begegnungund so langem Zeitraum. Sodann ließ ich mir erzählen, wiesodie mir Unbekannten überhaupt auf meine Person ein Angenmerkgeworfen.

Mein plötzliches Verschwinden vor dem Abgang des Zugeswar begreiflicherweise den Insassen des Zuges aufgefallen. Manhatte sich nach dem Namen erkundigt, und die bei der Ankuuft inFrankfurt vorgenommenen Recherchen hatten das übrige gethan.Wir kamen nun natürlich in nähere Berührung. Das Ehepaarwar in der preußischen Rheinprovinz zu Hause, und wir setzten denVerkehr noch während unsres kurzen Aufenthaltes in Heiden fort.Dann habe ich aber die Spur wieder verloren.

Dem Ausbruch der Erneute in Frankfurt waren stürmischeVorgänge in der Paulskirche vorangegangen. Am 17. September,einem Sonntag, war dann eine große Volksversammlung auf derPfingstweide, einem beliebten Festplatz in der Nähe der Stadt,abgehalten worden. Eine Reihe von Mitgliedern des Parlamentshatte dabei vor den vielen tausend aufgeregten Zuhörern stürmischeReden gehalten, und in der Nacht darauf hatte der Barrikadenbauin Frankfurt begonnen, nachdem fchon an den vorhergegangenenTagen Volksmassen versucht hatten, in den Saal der Beratungender Paulskirche mit Gewalt einzudringen. Unter den Rednernder Pfingstweide hatte sich besonders Zitz hervorgethan. Gegenihn wie gegen Ludwig Simon und Schlöffe! wurde auch deshalbeine gerichtliche Verfolgung anhängig gemacht, die zunächst beiden parlamentarischen Verhandlungen über die vom Gericht ver-langte, vom Parlament aber mit Mehrheit abgelehnte Ermächtigungzur Verhaftung der Abgeordneten heftige Szenen herbeiführte.