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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Journalist und Volksredner.

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umgestürzt werde. Alles für nicht mehr als 34 000 fl.! ein wahresSpottgeld!"

Der gute Regierungskommissär Pfannebecker, mit dem ichdamals meinen übermütigen Spott trieb, sollte nach zwanzigJahren sich mit mir in derselben Fraktion der Nationalliberalendes Zollparlaments wieder zusammenfinden. Ich war Vertretervon Mainz und er des benachbarten Worms, wo er als Ein-geborner und oberster Verwaltungsbeamter saß und in harmloserGesinnung der Pflege seiner Weinberge und dem Genuß ihrerErzeugnisse oblag.

In dieser Zeit haben wir mit der vollen Spannkraft unsererP arteiorganisation noch einen interessanten Sieg erfochten. Schütz,der Mitredakteur derMainzer Zeitung", war wegen seiner inFrankfurt auf der Pfingstweide gehaltenen aufrührerischen Redevom Staatsanwalt in Verfolgung gesetzt und hatte sich, wie be-richtet, ins Ausland, nach Belgien , geflüchtet. Bald darauf starbder rheinische Abgeordnete der Paulskirche, Brunck, welcher denKreis Bingen vertreten hatte. Die Neuwahl ward aus den23. Dezember anberaumt. Sie war, uach dem damals geltendenindirekten Verfahren, durch Wahlmänner zu vollziehen. Nachder Verfassung war ein Mitglied der Nationalversammlung ohneZustimmung derselben nicht zu verfolgen, und besonders nicht zuverhaften. Gelang es uns, Schütz wählen zu lassen, so konnte ervorerst nach Mainz zurück. Nun setzten wir alles in Bewegung.

Auf einer Vorversammlung wurde er von der Partei nomi-niert. Am Tag vor dem 23. kam er über die belgische Grenzeheimlich in Bingen an und wurde bis zur Eröffnung derWahlversammlung verborgen gehalten. Unsere Gegner hatteneinen gemäßigten Liberalen, namens Langen, aufgestellt, welcherSchattierung auch Bruuck angehört hatte. Der Wahlkommifsärhielt in der öffentlichen Wahlversammlung eine Rede, die mitdem Zauupsahl für Laugen winkte. Ein Freund sekundierte nachdiesem. Dann trat einer der Unsern für Schütz ein. Es warnämlich so die Sitte, unmittelbar bei und vor dem Wahlaktenoch einmal in solcher Gestalt kontradiktorisch zn verhandeln.Der Redner für Schütz war ein protestantischer Pfarrer, namensMatthy, der damals uud lauge noch eine bedeutende Stellung

Baml'ergers Erinnerungen. 10