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Drittes Kapitel.
von Büchern. Daneben natürlich immer die Reden in Ver-samminngen, auch ans dem Lande, und die Leitung der Vereins-thätigkeit.
So sehr auch die Reaktion iu Berlin uud Wien bereitspraktisch eiugriff, bei uns trat die Regierung doch noch sehr vor-sichtig auf, und wir thaten uns in Rede und Schrift gütlich nachHerzenslust.
Eine Episode der Polemik machte mir besonderen Spaß.Sie möge mit der sie reproduzierenden Stelle aus der Zeitungs-unmmer vom i0. Dezember ihren Platz hier finden:
„Der Lehrer Mohr in Heimersheim saß in der Kirche. Der Pfarrerauf der Kanzel predigte. Er predigte vom Fegfeuer. Und der Pfarrererhob seine Stiinine nnd sprach wie folgt: „Liebe Christen, wie, schmerztes Euch nicht, wenn Ihr Euch am kleinen Finger verbrennt. Nunrechnet einmal, wie weh das Fegfeuer thnt!" Der Lehrer Mohr, derteuflische Mohr, machte bei dieser Gelegenheit eine ungläubige Geberde.Darauf richteten mehrere Bürger von Heimersheim — sicher ohne Mit-wisfen des Pfarrers — eine Beschwerdeschrift an die Regieruugs-kommission, weil der Lehrer Mohr über den Thermometerstand der Höllemit dem Pfarrer nicht einig sein wolle. Herr Pfannebecker schrieb darauf anden Lehrer Mohr, er möge um Versetzung einkommen, weil er daS Ver-tranen seiner Gemeinde verloren habe und nicht mehr segensreich wirkenkönne. Mohr, dessen schwarze Seele sich schon in seinem Namen spiegelt,wollte dies nicht begreifen. Ohne Fegfeuer kein Vertrauen! Das ist dochwohl klar. Mohr, der verstockte Mohr, war blind nnd taub für diese einfacheWahrheit! O, wie wird er einst dafür in der Pfanne des Fegfeuers ge-backen werden! Er kam also nicht um Versetzung ein — und siehe da! —weil Mahomed nicht zum Berge gehen wollte, ging der Berg zu Mahomed.Mohr wurde von oben herab versetzt, weil er nicht von unten hinaufversetzt sein wollte. Herr Pfannebecker, den der Allgütige noch mehrmit frommer Demut und kindlichem Glauben, als.mit politischer Weisheitgesegnet hat, Herr Pfannebecker, der fromme Mann, konnte es nichtdnlden, daß Mohr, ohne Zweifel aus „demokratischem Nihilismus", überdas Fegfeuer lächle. Von dem Zweifel an dem Fegfener bis znmZweifel au Herrn Pfaunebecker ist ja nur ein Schritt! Es wurde alsodem Ungläubige» geschrieben: „Wenn er auch mir gelächelt, so müsseer deshalb versetzt werden." Wir wollten dem Lehrer Mohr nichtraten, den Widerspenstigen zu machen, sonst könnten ihm Reichstrnppenim Garten wachsen. Die Reichstruppen haben ebenso gut wie für diemoralische Erziehung, auch dafür zu sorgen, daß die bestehende Fegseuer-Ordnnng nicht dnrch die Anarchistenpartei nnter Blut und Trümmern