Journalist und Volksredner.
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stand nicht abgestumpft, vielmehr verschärft. Die Ohnmacht derparlamentarischen Versammlungen, namentlich der Frankfurter , triebzu dem Schluß hin, daß auf sie gar keine Hoffnung zu setzen sei,aber die Entrüstung gerade darüber setzte sich in ein direktesVertrauen um, daß ans anderem Wege noch Rettung herbei-geführt werden könne. Dies führte den republikanischen Tendenzenneue Nahrung zu.
Anfangs Juli hatte in Hauau eine allgemeine Tnrner-verfammlung getagt, die mich zu ihrem Vorsitzenden erwählthatte. Dabei war es über die Frage, ob sich der Bund zu einempolitischen Programm bekehren solle, zu einer Spaltung gekommen;die Leitung desjenigen — etwa die Hälfte der Vereine um-fassenden — Teils, welcher sich als demokratischer Turnerbnndkonstitnierte, war nach Mainz , d. h. in meine Hand gelegt worden.Nun, Ende November, unter den Einwirkungen der geschildertenArt, entschlossen wir uus, auch mit einem Manifest hervorzutreten.Dasselbe motivierte in ziemlich umständlicher und etwas doktrinärerWeise die Notwendigkeit, das Tnrnwesen auf eine politische Grund-lage zu setzen, und schloß mit dem Satz, daß „die Einheit undFreiheit des Vaterlandes ihre Verwirklichung nur in derRepublik finden könne."
Die Linke des Frankfurter Parlamentes suchte nach Mittelnaußerhalb ihrer Sphäre, um ihrer Mission nachzukommen.
Es bildete sich damals der sogenannte „Märzverein" ausgemäßigten und radikalen Abgeordneten — v. Trützschler, Ra-veanx, Eisenmauu, Wesendonck , — der in Filialen über ganzDeutschland Stützen zu einem selbständigen Vorgehen suchte.Die Bewegung des die Gesamtheit durchdringenden Sinnes fürPolitik war in jener Zeit noch breiter und intensiver als in denersten Monaten des Aufschwungs.
Von dieser Anregung getragen, widmete ich mich mit er-neuerter Lust meiner Redaktion. Zu den fast täglichen langenleitenden Hanpt- und Nebenartikeln schrieb ich manchmal auchnoch Fenilletons, z. B. einen Briefwechsel zwischen Karl undMarie über „die Politik und das Leben" gegen quietistifche Auf-fassung der ästhetischen Gesellschaft — ein andermal Rezensionen