Journalist und Volksredner.
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rechte" des Konvents an die Mitglieder und an die Zuhörer aufder Galerie verteilt.
In unserm guten Humor ließen wir uns durch die näherrückenden Vorboten praktischer Belästigung seitens der herauf-ziehenden Reaktion nicht stören. Preßprozesse waren bereits inerheblicher Zahl eingeleitet in allen drei Provinzen des Groß-herzogtums; einige Redakteure in Gießen und Darmstadt warenverhastet, andere flüchtig. In den ersten Tagen des Januar liefgegen die Redakteure der „Mainzer Zeitung" bereits die vierteKlage und Vorladung vor den Untersuchungsrichter ein, die wirin dem Blatt bei der Meldung mit „Hurrah" begrüßten.
Bald darauf sollten wir den Triumph feiern, daß sowohldas erstrichterliche wie das Appell-Erkenntnis uns der Anklagewieder enthob.
Mein Mitredakteur Bölsche, Familienvater und Eigentümerder 'höheren Mädchenschule, mußte diese Fährlichkeiteu aber docheruster nehmen als ich, und so zog er mit meiner Zustimmungseinen Namen von der Unterschrift des Blattes zurück. Ichfigurierte von jetzt an allein als verantwortlicher Redakteur, nichtimmer zur Freude meines Verlegers, denn der Kamps gegenseinen Schwiegervater Jaup und dessen Gönner Heinrich vonGagern, der nur noch spottweise „der Edle" genannt wurde, uahmeine heftige Temperatur an. Aber die Strömung war so vor-herrschend zu Gunsten meiner Richtung und damit auch meinerPerson gewachsen, daß die Existenz des Blattes unentrinnbardamit verwachsen war.!
Einmal in diesen Tagen kam es sogar zu einer spaßhaftenAuseinandersetzung zwischen dem braven Herrn von Zabern undmir wegen einer nicht politischen Lizenz, die ich mir ge-stattet hatte.
Am 10. Januar begann ich eine Serie von Leitartikelnunter der Überschrift: „Nachtgedanken eines Reichsbürgers". ImEingang wird geschildert, wie die verjagten Gewalten bereitszurückgekehrt und in den vorigen Stand eingesetzt sind. Dannheißt es weiter:
„Die Revolution ist in der Geburt umgekommen. Sie war zn groß
snr den gebärenden Mntterschoß; sie drohte, sollte sie ganz zn Tage